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2010/3 Das Erbe Gutenberg virtualisiert sich! E-Books et al.

Was bringen E-Book-Angebote den Bibliotheken und ihren Nutzern?

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Im letzten Jahr haben wir die Onleihe am Beispiel der Kantonsbibliothek Basel- land vorgestellt (arbido 3/2009, S. 16). Das Angebot der Onleihe ist nun auch in weiteren Bibliotheken der Deutschschweiz eingeführt worden. Dies nimmt die Redaktion zum Anlass, bei zwei Bibliotheken nachzufragen, was sie bewogen hat, dieses E-Book-Angebot einzuführen bzw. ihren Nutzern andere Angebote anzubieten. Cornel Dora, Kantonsbibliothekar der St. Galler Kantonsbibliothek Vadiana, nimmt befürwortend und Klaus Egli, Direktor der GGG Stadtbibliotheken Basel, kritisch zur Onleihe Stellung.

Die Fragen stellten Antonia Ursch und Stephan Holländer.

Cornel Dora, Kantonsbibliothekar, Bibliothek Vadiana SG

Gehört das digitale Angebot zum Grundangebot einer Bibliothek? Ja, digitale Angebote sollten zum Grundangebot jeder grösseren Bibliothek gehören. Dafür gibt es verschiedene mögliche Formen: Datenbanksammlungen, spezifische Streaming-Dienste, das Bibnetz der grossen öffentlichen Schweizer Bibliotheken oder eben die Onleihe, die wir bei uns als Digitale Bibliothek St. Gallen umgesetzt haben. Die Onleihe gehört zu den überzeugenden Angeboten in diesem Bereich. Ein ähnliches Produkt der Firma Overdrive ist in den USA schon ein paar Jahre länger in Gebrauch und gehört dort inzwischen zur Grundausstattung grösserer Bibliotheken.

In St. Gallen stehen drei Ziele im Vordergrund: 1. Wir wollen den Bibliothekskunden im ganzen Kanton auch übers Internet Medien ausleihen können, 2. wir wollen dadurch das Image der sankt-gallischen Bibliotheken verändern und auf die Zukunft ausrichten, und 3. wir können durch das Projekt die Zusammenarbeit unter den Bibliotheken nachhaltig fördern, weil wir ja eine Verbundlösung gewählt haben. Im Kanton St. Gallen laufen verschiedene Initiativen, die auf die Synergiebildung und Professionalisierung im öffentlichen Bibliothekswesen abzielen, und wir verzeichnen damit inzwischen sehr erfreuliche Fortschritte, die auch auf die umliegenden Kantone ausstrahlen. Weitere Projekte sind der Bibliotheksverbund St. Gallen und die Angleichung der Bibliotheksgebühren zwischen Gossau und Wil.

Genügt das Angebot der Onleihe?

Der Mensch bekommt bekanntlich nie genug, sodass die Antwort nein lauten muss. Wenn wir aber die realen Möglichkeiten anschauen und auch einen Blick nach Amerika werfen, sehen wir, dass die Onleihe eine überzeugende erste Antwort auf neue Benutzerbedürfnisse ist. Es wäre naiv, zu glauben, dass es gleich von null auf hundert geht. Aber inhaltlich wächst das Angebot dauernd und nachhaltig. Es ist auch zu beachten, dass wir im Spannungsfeld zweier grosser Auseinandersetzungen stehen: 1. der Auseinandersetzung um die Urheberrechte zwischen Urhebern und «dem Internet» und 2. der Auseinandersetzung um die Abschottung der Systeme verschiedener Informatikanbieter, die vor allem von Apple angetrieben wird. Das bringt zwar Restriktionen mit sich, darf uns aber nicht davon abhalten, vorwärtszugehen.

Welchen Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit sollte die Onleihe genügen? 

Die Onleihe sollte allen Kundinnen und Kunden einer Bibliothek rund um die Uhr möglichst frei und kostenlos, zuverlässig und unkompliziert zur Verfügung stehen. Das tut sie, und insofern können wir also zufrieden sein. Ein Defizit in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit besteht in der bereits erwähnten Tatsache, dass Apple seine Systeme vor allem gegen Adobe abschottet und das Angebot deshalb von der Apple-Gemeinde nicht genutzt werden kann. Dieses Problem ist ärgerlich. Es wird durch Apple aus kommerziellen Interessen für seine weltweiten Kunden verursacht.

Wie kommt die Nutzung der Onleihe bei Ihren Nutzerinnen und Nutzern an? 

Die Digitale Bibliothek Ostschweiz verzeichnet mit monatlich rund 700 bis 900 Downloads seit letztem Herbst eine gute Nutzung und verfügt über eine Stammkundschaft. Die Downloads lassen sich noch steigern, wenn das Angebot verbessert wird und sich weitere Partner anschliessen. Wichtig ist auch, dass die Werbung in den Partnerbibliotheken zur permanenten Aufgabe gemacht wird.

Haben Sie bereits die Erfahrung gemacht, dass die Nutzung der Bibliothek aufgrund des digitalen Angebots (Onleihe, Internet) zurückgeht?

Nein, denn die Onleihe ist bisher eine willkommene Ergänzung zu bestehenden Angeboten. Zur Konkurrenz kann sie allenfalls im Bereich der Neuen Medien wie CD und DVD werden, wenn auch Popmusik und Blockbuster ins Angebot aufgenommen werden. Das wäre dann aber sogar erwünscht, da die Ausleihzahlen der Neuen Medien aufgrund des veränderten Nutzungsverhaltens der jüngeren Generation bereits da und dort zurückgehen. Wenn sich die Onleihe in diese Richtung entwickelt, wird sie zur Antwort der Bibliotheken auf Limewire und iTunes.

Kontakt: Cornel.Dora@sg.ch

Klaus Egli, Direktor Stadtbibliothek Basel

Gehört das digitale Angebot zum Grundangebot einer Bibliothek? Grundsätzlich ja. Digitale Angebote wie Pressedatenbanken, kostenpflichtige Lexika und dergleichen ebenso wie E-Books, E-Audiomedien etc. sollten in den nächsten Jahren zum gut eingeführten Standardangebot jeder öffentlichen Bibliothek gehören. Voraussetzung dafür sind kostengünstige, funktionierende Angebote für die Bibliotheken, welche die Bedürfnisse und Anforderungen der Kundschaft sowohl inhaltlich wie auch technisch abdecken.

Während der letzten 30 bis 40 Jahre gelang es den öffentlichen Bibliotheken, die diversen «neuen» Medien wie CDs, Videos oder DVDs immer wieder erfolgreich in ihren Bestand zu integrieren. Die neuen digitalen Produkte dagegen bilden eine neue Herausforderung, die nicht so leicht zu bewältigen ist. CDs und DVDs sind physische Ausleiheinheiten wie Bücher und werden letztlich im Ausleihprozess gleich behandelt. Bei ihrer Einführung benötigte man lediglich partiell neue Gestelle und neue Erschliessungsregeln. Um die Produkte an die Kundschaft vermitteln zu können, musste man über den Inhalt selbst genauso wenig oder genauso viel wissen wie bei den Büchern. Mit den digitalen Produkten dagegen ändert sich dies. Wer Online-Datenbanken anbietet, muss sie aktiv vermitteln, muss deren Inhalte kennen und wissen, welche Datenbank welche Suchstrategien erfordert. Nur so gelingt z.B. eine erfolgreiche Beratung für einen Schüler, der vertiefte Informationen für sein Vortragsthema sucht. Das Bibliothekspersonal muss entsprechend geschult werden. Es muss die neuen Angebote sowohl technisch wie auch inhaltlich gut verstehen und aktiv vermitteln können. Werden E-Books angeboten, muss man Fragen zum Download beantworten können. Und die Mitarbeitenden müssen aktiv auf die Online-Datenbanken aufmerksam machen. Datenbanken sind für die Kundschaft unsichtbar. Höchstens am Publikums-PC können sie entdeckt werden. Einfache Flyer reichen dazu nicht, wie die Erfahrungen der Bibnetz-Bibliotheken (Basel, Bern, Luzern, Winterthur und Zürich) nach fünf Monaten mit ihrem neuen Angebot zeigen.

Das neue digitale Angebot verschafft den Bibliotheken nur dann ein besseres Image, wenn es den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden entspricht und wenn es von den Bibliotheken glaubhaft vermittelt wird. Anderenfalls ist der Effekt kontraproduktiv. Das heisst letztlich, dass das Ausleihpersonal mehr Zeit für die Beratung der Kundschaft erhalten muss. Mehr Zeit für die Kundschaft – nicht nur für die Leseförderung – heisst letztlich mehr Personalaufwand. Angesichts der dauerhaft angespannten Finanzlage öffentlicher Bibliotheken dürfte sich dieser Umstand als schwierig erweisen.

Wieso bietet Ihre Bibliothek die Onleihe nicht an? 

Bis jetzt erachten wir das Angebot, das für Bibliotheken besteht, weder in technischer noch in finanzieller Hinsicht als zufriedenstellend.

Zum einen ist es viel zu klein bzw. veraltet – es enthält z.B. keine Bestseller – und zum anderen orientieren sich die Ausleihbedingungen am herkömmlichen Ablauf. Das heisst, wenn ein Bibliotheksbenutzer ein E-Book downloadet, ist es für alle anderen User während der festgelegten Ausleihzeit gesperrt. Zudem sind E-Books zu teuer, fast ebenso teuer wie die Printversionen. Insgesamt ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis noch zu schlecht.

Zusammen mit den Stadtbibliotheken von Bern, Luzern, Zürich und Winterthur suchen wir deshalb als Konsortium gemeinsam nach einer besseren Lösung und sind diesbezüglich mit Lieferanten, das heisst mit einer grossen Buchhandelskette und mit Verlagen, in Verhandlungen.

Wieso genügt das Angebot der Onleihe nicht? 

Inhaltlich ist das Angebot unausgewogen. Bei den E-Books fehlen nicht nur die erwähnten Bestseller, sondern überhaupt aktuelle Titel. Das Angebot an Hörbüchern und Musikdateien ist zwar gross, aber auch nicht wirklich aktuell. Die Kundschaft erwartet aber aktuelle Angebote und versteht es nicht, wenn Bestseller fehlen – auch wenn es dafür triftige Gründe (Lizenzierungsprobleme mit den Verlagen) gibt.

Technisch gesehen überzeugt Onleihe gar nicht. Digitale Dateien sollten mehrfach und gleichzeitig heruntergeladen werden können. Hat jemand einen Titel «ausgeliehen», kann eine andere Person die gleiche Datei nicht herunterladen. Dies entspricht nicht den Erwartungen der Kunden, die aus der Welt des Internets anderes gewohnt sind.

Gerade bei E-Book-Readern ist das Handling noch nicht so einfach wie bei den übrigen Produkten der digitalen Welt. Auf dem neuen iPad wird das Angebot nicht funktionieren – das iPad wäre aber geradezu prädestiniert für das Lesen von E-Books.

Die obgenannten Nachteile führen bei der Kundschaft zu enttäuschten Erwartungen. Nach einer Probephase wenden sie sich ab. Der Umsatz der digitalen Medien verzeichnet denn auch bei den meisten Onleihe-Bibliotheken etwa den Wert 1, was für ein neues, angeblich attraktives Angebot sehr tief ist. CDs, Videos und DVDs waren dagegen von Beginn weg in allen Bibliotheken ein Renner. Die enttäuschten Erwartungen verstärken das alte Image, dass Biblotheken leicht verstaubt und nicht wirklich modern sind. Sie bemühen sich redlich und versuchen den Schein von Modernität zu wahren, aber zum Topangebot reicht es nicht. Ist es da nicht besser, abzuwarten, bis ein besseres, die Erwartungen der Kundschaft befriedigendes Angebot auf dem Markt ist? Enttäuschte Kunden wieder für sich zu gewinnen, ist schwierig und zudem teuer ...

Welchen Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit sollte die Onleihe genügen? 

Die Bibliothek soll die Möglichkeit haben, eine gewisse Anzahl Downloads pro Titel kaufen zu können, z.B. 200 für einen Bestseller und 15 für einen Gedichtband eines unbekannten Autors. Parallelausleihen werden damit möglich. Ist das Maximum der Downloads erreicht, erlischt die Lizenz, falls nicht weitere Downloads dazugekauft werden (auf diese Weise funktioniert ja bereits die Pressedatenbank Swissdox). Falls man keine weiteren Downloads dazukauft, scheidet der Titel aus dem Bestand aus.

1. Der Download muss auf allen handelsüblichen Geräten problemlos funktionieren. Dies ist heute noch nicht der Fall. Apple-Kunden müssten das Angebot auch nutzen können – z.B. via iPhone oder iPad. Auch das Handling muss einfacher werden, als dies heute z.B. mit dem Sony-E-Book-Reader möglich ist.

2. Das Online-Angebot muss zwingend im OPAC eingebunden sein.

Was müsste getan werden, damit Ihre Bibliothek das Angebot der Onleihe zur Verfügung stellt? 

1. Das Angebot muss dem aktuellen Buchangebot entsprechen – vor allem müssen aktuelle Bestseller downloadbar sein.

2. Das Handling muss benützerfreundlicher werden, und das Angebot muss auf allen neuen handelsüblichen E-Book-Readern funktionieren – auch in der Apple-Welt!

3. Das Geschäftsmodell muss wie in Punkt 4.1 beschrieben funktionieren, d.h., parallele Downloads müssen möglich sein. Die Bibliothek kauft pro Titel jeweils die gewünschte Downloadmenge. 

4. Mit Onleihe sind – ausser im eigenen Kanton – heute keine Verbünde möglich (Basel hat als Stadtkanton das Nachsehen). Die fünf Stadtbibliotheken, die zusammen Bibnetz betreiben, würden gerne einen Onleihe-Verbund schaffen. Dies erlaubt Divibib aber nicht, obwohl in Deutschland wesentlich grössere Verbünde, wie z.B. in Berlin, möglich sind. Wären Verbünde erlaubt, würden wir einen Testeinsatz ernsthaft prüfen.

5. Die Kosten des Onleihe-Angebotes müssen deutlich tiefer ausfallen. Das neue Angebot ersetzt kein anderes. Dies bedeutet, dass das Medienbudget entsprechend erhöht werden müsste. Solange die E-Books rund 80% des Hardcoverpreises kosten, fallen die Kosten für eine Stadbibliothek in der Grössenordnung von Basel sehr hoch aus.

Haben Sie bereits die Erfahrung gemacht, dass die Nutzung der Bibliothek aufgrund des digitalen Angebots (Online-Angebot, Internet) in den Bibliotheken zurückgeht? 

Nein. Unsere Ausleihzahlen sind, seit es Divibib gibt, um rund 2,5% gestiegen. Auch die traditionelle Buchausleihe legt immer noch zu. Gewisse Sachmedien werden weniger nachgefragt, dies ist aber auf das Angebot von Google und Wikipedia zurückzuführen. Schülerinnen und Schüler nutzen heute für Vorträge immer zuerst diese beiden Anbieter.

Es existiert im Moment absolut keine Nachfrage nach E-Books. Wir hatten in den letzten drei Jahren diesbezüglich lediglich eine einzige E-Mail-Anfrage. An der Theke verzeichnen wir vereinzelt Anfragen, wenn wieder einmal ein Bericht zu E-Books in den Medien erschienen ist.

Kontakt: kegli@abg.ch

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Cornell Dora, bibliothécaire à la Bibliothèque cantonale Vadania de St-Gall, estime que l’offre E-Books est tout à fait intéressante: le prêt de livres numériques via internet est promis à un bel avenir, exige la collaboration avec d’autres bibliothèques et contribue à donner aux bibliothèques une «image moderne». Les E-Books n’en restent pas moins, pour l’instant, un complément et n’entrent nullement en concurrence avec l’offre existante. Les chiffres du service des prêts sont en effet éloquents.

Klaus Egli, directeur de la Bibliothèque de la ville de Bâle, émet quant à lui des réserves: les bibliothèques devraient présenter l’offre de manière crédible, ce qui implique des dépenses supplémentaires en personnel et en formation. L’offre n’est pas encore mûre, et l’aspect technique pas satisfaisant. A noter également que, actuellement, le rapport coûts/bénéfices est encore plutôt mauvais, les E-Books étant en effet encore trop chers.

La bataille autour des droits d’auteur, la compatibilité des appareils de lecture et le fait que les E-Books soient «bloqués» pour les autres utilisateurs aussitôt qu’ils sont prêtés, sont considérés par les deux professionnels comme des problèmes non négligeables.