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2011/3 Elektronische Bibliothek Schweiz

Usability-Evaluation von Bibliothekswebsites anhand des webbasierten Kriterienkatalogs «BibEval»

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1 Einleitung und Motivation

Aus der immer stärker fortschreitenden Digitalisierung von Wissen resultieren nicht zuletzt auch für Bibliotheken neue Herausforderungen. Klassische Angebote verlieren an Bedeutung, und stattdessen rücken Online-Dienste mehr und mehr in den Fokus. So überrascht es nicht, dass der Branchenverband IFLA (International Federation of Library Associations and Institutions) Bibliotheken und Informationsdienstleister dazu aufruft, gemeinsam mit Partnern und Anwendern daran zu arbeiten, die Potentiale digitaler Technologien noch besser auszuschöpfen, um Nutzern einen nahtlosen und offenen Zugang zu Kulturgütern und Informationsressourcen zu ermöglichen (International Federation of Library Associations and Institutions, IFLA Strategic Plan 2010–2015, URL http://www.ifla.org/files/hq/gb/strategic-plan/2010-2015.pdf [Zugriff vom 15. Juni 2011] ). In diesem Sinn integrieren z.B. immer mehr Bibliotheken externe Daten (Linked Data) in ihre Angebote, und auch die zusätzliche Integration von Web-2.0-Diensten gewinnt an Bedeutung. Aktuell fehlen jedoch noch klare und übertragbare Strategien, wie einzelne Funktionalitäten und Dienste zu implementieren und benutzerorientiert in die Bibliothekswebsites zu integrieren sind.

2 Merkmale benutzerzentrierter Bibliothekswebsites 

Zur Überprüfung der Usability bzw. der Anwenderfreundlichkeit einer Website existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden. Eine populäre und kostengünstige Methode hierfür ist die sogenannte heuristische Evaluation, bei der ein Abgleich der Elemente einer Benutzungsoberfläche mit allgemein anerkannten Richtlinien vorgenommen wird2. Da die meisten verfügbaren Heuristiken und Normen recht allgemein formuliert sind, wird für die Durchführung derartiger Untersuchungen allerdings entsprechendes Know-how benötigt, um die verwendeten Richtlinien korrekt interpretieren zu können. Um jedoch auch Personen ohne entsprechendes Hintergrundwissen die Durchführung solcher Analysen zu ermöglichen, wurde von den Autoren im Rahmen des Kooperations- und Innovationsprojektes «e-lib.ch: Elektronische Bibliothek Schweiz» ein detaillierter auf die spezifischen Gegebenheiten im Bibliotheks- und Informationssektor zugeschnittener Evaluationsleitfaden entwickelt. Bevor auf diesen näher eingegangen wird, sollen zunächst einige typische Problemfelder bibliothekarischer Online-Angebote aufgezeigt werden, um zu illustrieren, worin das Potential des entwickelten Leitfadens liegt.

3 Typische Problemfelder bibliothekarischer Online-Angebote 

Eine Vielzahl der Usability-Probleme bibliothekarischer Online-Angebote resultiert aus dem Umstand, dass die Realisierung bestimmter Funktionalitäten auf einer bibliotheksinternen Perspektive beruht, die den Anwendern oftmals nicht transparent ist.

Ein zentrales Problem von Biblio- thekswebsites liegt mitunter im Bereich der Metadaten, die oftmals Inkonsistenzen aufweisen oder im Hinblick auf die Interessen des Anwenders nur lückenhaft oder unzureichend vorliegen, vor allem, wenn es um inhaltsbezogene Metadaten geht. Genau diese semantischen Metadaten spielen jedoch eine grosse Rolle, wenn es darum geht, den Anwendern vielseitige Zugangsmöglichkeiten zu Bibliotheksbeständen zu bieten.

Inkonsistenzen in den Metadaten werden oftmals erst durch Werkzeuge wie eine Faceted Search oder entsprechende Browsing-Optionen bemerkbar. So finden sich bei vielen Angeboten unterschiedliche Schreibweisen von Autoren (z.B. Müller, F.; Müller, Friedrich; Müller Franz etc.), was es Anwendern nahezu unmöglich macht, ohne signifikanten Mehraufwand eine eindeutige Zuordnung bestimmter Werke zu einem bestimmten Autor vorzunehmen. Weitaus gravierender sind jedoch Defizite in inhaltsbeschreibenden Metadatenfeldern. Vergleicht man z.B. die Trefferanzahl einer Suchanfrage mit der Menge der Begriffe, die zur Einschränkung der Treffermenge über inhaltliche Facetten bereitgestellt werden, so kommt man in vielen Fällen auf eine Abdeckung, welche im Promillebereich liegt (z.B. 12 000 Treffer für die Suche nach «Automobil», Facette «Inhalte» mit 14 Treffern für den Begriff «Automobil»). Dies kann zu Unsicherheiten im Umgang mit dem System führen. Solche Effekte werden oftmals noch dadurch verstärkt, dass beim Zusammenführen von Schlagwortfeldern keine Bereinigung der Schreibweise oder des Vokabulars an sich erfolgt. So kann es im Umkehrschluss auch sein, dass eine Suchanfrage zwar nur sechs Treffer liefert, aber bei einer inhaltlichen Facette 21 Auswahloptionen angeboten werden.

Doch auch wenn Systematiken wie die Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) zur Verschlagwortung eingesetzt werden, um derartige Inkonsistenzen zu vermeiden, können Usability-Probleme auftreten. Die Ursache hierfür liegt meist darin, dass Klassifikationen wie die DDC hierarchisch strukturiert sind, wobei die Zuordnung zu den einzelnen Klassen für den Anwender oftmals unklar ist. So kann man sich fragen, wo ein Buch zu suchen wäre, welches von Hannibals Zug über die Alpen handelt: Unter 900 Geschichte, 910 Geografie, Reisen, 930 Geschichte des Altertums (bis ca. 499), Archäologie oder 940 Geschichte Europas? In der Regel fehlen dem Anwender die Informationen, wie er herausfinden kann, welche Kategorie(n) ihn zum Ziel führt bzw. führen. Kurzum: Um sicherzustellen, dass kein relevantes Werk übersehen wird, müssten Anwender alle in Frage kommenden Rubriken selbst überprüfen.

Ein weiteres Problem von hierarchischen Schlagwortkatalogen lässt sich wiederum gut im Zusammenhang mit einer «Faceted Search» beobachten und betrifft die Berechnung der Men- genangaben. Werden einzelne Werke mehreren Kategorien zugeordnet, so übersteigt die Summe der Treffer in den Facetten aufgrund von Mehrfachzuordnungen meist die Summe der gesamten Treffer aus der Suchanfrage, was auf die Anwender ebenfalls widersprüchlich wirken kann.

Ein weiterer relevanter Faktor für die Benutzerfreundlichkeit von Bibliothekswebsites liegt in der Abstimmung der einzelnen Komponenten und Module aufeinander. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Wechsel von der einfachen zur erweiterten Suche. Während ein Benutzer lediglich ein Formular zur Konkretisierung seiner Suchanfrage erwartet, kann man in der Praxis verschiedene Handhabungen beobachten, die von den Eingabeoptionen (unterschiedliche Interpretation von Operatoren, Trunkierungen etc.) bis hin zu unterschiedlichen Trefferlisten (Anzahl der Treffer, Ranking, Interaktionsmöglichkeiten zur Verarbeitung der Treffer) reichen.

Viele der soeben exemplarisch beschriebenen Schwachstellen fallen in der Praxis selbst geschultem Bibliothekspersonal nicht ohne Weiteres auf. An dieser Stelle hat sich der vom SII entwickelte Leitfaden, welcher nachfolgend vorgestellt wird, als besonders hilfreich erwiesen, da u.a. die oben beschriebenen Punkte systematisch gesammelt und in einfach überprüfbare Fragen überführt wurden.

4 Konzeption und Umsetzung des Kriterienkatalogs «BibEval» 

Der Leitfaden «BibEval»wurde in mehreren Phasen entwickelt. Neben einer umfangreichen Literaturrecherche und Best-Practice-Analyse wurden diverse allgemeine Normen, Richtlinien und Heuristiken bei der Entwicklung des Leitfadens herangezogen3. Die erste Version des Leitfadens wurde in einer Fokusgruppe, an der Experten aus dem Bibliothekssektor sowie den Bereichen Webdesign und Usability Engineering teilnahmen, diskutiert und anschliessend weiter verfeinert. Als Resultat ist eine modular verwendbare, hierarchisch strukturierte Liste von Evaluationskriterien entstanden, welche individuell an die Bedürfnisse unterschiedlicher Bibliotheken angepasst werden kann4.

Der Leitfaden wurde als interaktive Webanwendung umgesetzt, die sowohl in Deutsch als auch in Englisch zur Verfügung steht. Die einzelnen Dialogschritte werden hierbei unabhängig von ihrer Reihenfolge unmittelbar und dynamisch angepasst, was es den Anwendern erlaubt, ihre Einstellungen jederzeit zu modifizieren.

Im ersten Dialogschritt bietet «Bib- Eval» den Anwendern die Möglichkeit, eine Auswahl zu treffen, welche Bereiche für eine Evaluation berücksichtigt werden sollen (vgl. Abbildung 1). Hierbei wird zunächst zwischen vier Bereichen unterschieden, welche an den potentiellen Zielen des Anwenders ausgerichtet sind: «Information & Kommunikation» deckt alle Aspekte der Verbreitung von Informationen und des Anwendersupports ab, also all jene Informationen, welche der Nutzer über die Bibliothek und deren Dienstleistungen einholen kann. «Recherchieren im Bestand» beinhaltet alle Funktionalitäten zur Recherche nach Bibliotheksobjekten sowie zur Auswertung der Ergebnisse (z.B. Ausleihe, Bookmarken etc.). Innerhalb des Bereichs «Personalisierung» sind alle Funktionalitäten zusammengefasst, die es den Nutzern erlauben, die Website bzw. deren Dienste/Einstellungen an ihre eigenen Prä- ferenzen anzupassen. «Nutzerpartizipation» steht in engem Zusammenhang zum Begriff Web 2.0 und umfasst alle Funktionen, die es dem Nutzer ermöglichen, Inhalte zu bewerten, selbst zu erfassen und mit anderen auszutauschen5.

Um eine gezieltere Eingrenzung innerhalb dieser Bereiche treffen zu können, wurden diese weiter unterge- gliedert. So wird innerhalb des Bereichs «Information&Kommunikation» bei- spielsweise zwischen «Kontakt&Zu- gang», «Seitenüberblick», «News&Ver- anstaltungen» und «Anleitungen» un- terschieden.

Alternativ zu dieser Auswahl ste- hen per Drop-Down-Menü fünf vorde- finierte Auswahloptionen zur Verfü- gung, beispielsweise die «Vorauswahl: nur Katalog» (es werden nur diejenigen Fragen berücksichtigt, die sich auf den Bibliothekskatalog beziehen). Diese Optionen bieten sich vor allem dann an, wenn die Bibliothek Anwendungen von einem Drittanbieter nutzt und somit nur auf einen Teil der Website Einfluss nehmen kann.

Im nächsten Dialogschritt können die Anwender diese Einstellungen noch verfeinern (vgl. Abbildung 2). Hierbei wird eine Liste der Komponen- 

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Sonja Hamman

Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII), Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur.

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Thomas Weinhold

Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII), Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur.

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Bernard Bekavac

Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII), Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur.

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Suite à la numérisation croissante des connaissances, le rôle des bibliothèques a radicalement changé. Les services traditionnels passent à l’arrière-plan tandis que les services web gagnent du terrain. Dans ce contexte, les bibliothèques sont confrontées à différents types de défis. D’une part, arrivent sur le marché de nouveaux fournisseurs d’informations; d’autre part, du fait de la disponibilité de nouvelles technologies, les utilisateurs ont des exigences accrues en matière de conception de sites web.

Afin de se positionner sur ce marché, les bibliothèques doivent produire des sites attrac- tifs et conviviaux qui doivent faciliter l’accès à leurs fonds (voir Norlin, E., Winters, C.M., Usability Testing for Library Web Sites: A Hands-On Guide, Chicago 2002). A l’occasion de la mise en œuvre effective de tels projets, les bibliothèques sont souvent confrontées à toute une série de questions. Il n’est de loin pas toujours aisé de déterminer quelles technologies ou quelles fonctions seront effectivement sources de valeur ajoutée.

En outre, par manque d’expérience, on ne sait comment réaliser concrètement certaines fonctions ni comment les intégrer au site. Trop souvent ne sont disponibles que des directives générales, alors que l’implémentation nécessite un haut degré d’expertise. Sans cette expertise, il n’est guère envisageable de tirer de normes ou d’heuristiques, des informations détaillées pour optimiser les services en ligne de la bibliothèque.

Dans le cadre du projet national d’innovation et de coopération «e-lib.ch», l’institut suisse des sciences de l’information de Coire (SII) a développé spécifiquement pour les besoins des bibliothèques un catalogue de critères («BibEval») qui permet aux bibliothèques de façon indépendante d’effectuer l’évaluation de l’utilisation de leur site.

Ce guide est modulaire et permet à la fois une analyse complète de l’offre en ligne ainsi que l’évaluation spécifique des composants ou domaines sélectionnés. Il a été mis en œuvre sous la forme d’une application web interactive, disponible à l’adresse: www.cheval-lab.ch, sous licence Creative Commons pour une utilisation libre.