Bibliotheken (um)bauen. Jede neue Bibliothek bedeutet eine neue Herausforderung
In den letzten Jahren hatten wir Gelegenheit, mehrere Zweigstellen der Pestalozzi-Bibliothek Zürich (PBZ) neu zu erstellen, umzubauen und/oder zu erweitern: Die Zweigstellen Aussersihl, Schwamendingen und Altstetten sind fertiggestellt, die Hauptstelle an der Zähringerstrasse ist im Bau, die Zweigstelle Sihlcity ist in Ausführungsplanung und für die Quartier-Bibliothek in Oerlikon wird ein Vorprojekt erstellt.
Immer wieder Bibliotheken, wird das nicht langweilig? Nein, denn jede neue Bibliothek bedeutet eine neue Herausforderung!
Natürlich setzen zunächst die Erfüllung bibliothekstechnischer Anforderungen, behördliche Auflagen und schmale Budgets den Rahmen für die Projektierung.
Aber es gibt keine vorgefertigten Lösungen, die wir den jeweiligen Aufgabenstellungen überstülpen könnten.
Zu Beginn der Projektierung steht immer die Auseinandersetzung mit der Ausgangslage, mit dem Vorhandenen: Lage, Gebäudetyp, räumliche Abwicklung, Erschliessung, natürliche Belichtung usw. Und damit beginnt die Suche nach einer adäquaten Reaktion auf den Ort:
– Welche Qualitäten der vorhandenen Situation sind zu verstärken, welche Schwächen sind zu eliminieren?
– Ist Zurückhaltung angesagt oder sind starke Akzente zu setzen?
– Welche Ausstrahlung hat der Ort, welcher Stil passt? Welche Mittel (Licht, Farben, Oberflächen, Möblierung) setzen wir ein?
– Wie optimieren wir Abläufe und Benutzerfreundlichkeit?
– Wie erreichen wir eine gute Atmosphäre, ein selbstbewusstes Auftreten, ein eigenes Gesicht, eine unverwechselbare Identität?
Die Gewichtung einzelner Aspekte und das Setzen von Prioritäten ist Teil der Diskussionen mit den Bibliotheksverantwortlichen. Dabei müssen alte Gewohnheiten und Abläufe überdacht und manchmal sogar aufgegeben werden. Und was an einem Ort gut war, kann am nächsten falsch sein!
Resultat der Auseinandersetzungen sind unterschiedliche, spezifische Lösungen für die jeweiligen Situationen. Sie geben den einzelnen Bibliotheken einen eigenen, unverwechselbaren Charakter, damit sich MitarbeiterInnen wie BenutzerInnen mit ihrer Bibliothek identifizieren können.
Umbau der Hauptstelle der Pestalozzi-Bibliothek Zürich an der Zähringerstrasse
Das Pestalozzihaus an der Zähringerstrasse 17 wurde 1932 vom Stadtbaumeister Hermann Herter (1877–1945) errichtet. Er pflegte damals einen eher monumentalen, jedoch zurückhaltend sachlichen Baustil, der sich an der konservativen Moderne orientierte.
Die Strassenfassaden vermitteln den Eindruck eines einfachen Volumens, unterstützt durch die regelmässige Fenstereinteilung und die sachlich klare Formensprache. Hofseitig zeigt sich eine kompliziertere Volumetrie.
Das Gebäude ist im Inventar der kunst-und kulturhistorischen Schutzobjekte verzeichnet, was massive Einschränkungen in der Gestaltungsmöglichkeit zur Folge hat.
Die Erweiterung der Bibliothek in die Räume des Erd- und Untergeschosses wurde nach Aufgabe des Gantlokals möglich. Dadurch bot sich die Gelegenheit, die ganze Bibliothek in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit und Erschliessung neu zu konzipieren, denn die Raumaufteilung wurde der in den 1970er Jahren erfolgten Umwandlung in eine Freihandbibliothek nie wirklich angepasst:
Die alte Raumorganisation führte sowohl zu einer Unübersichtlichkeit in der Verbindung der Geschosse untereinander, als auch zu Zwängen in der Abgrenzung zwischen öffentlichen und internen Bereichen. Die Ausstattung wurde in verschiedenen Etappen und Epochen teilweise erneuert und wirkte entsprechend uneinheitlich.
Die Neukonzeption der Bibliothek und der Zugewinn der Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss erlaubten nun eine stockwerkmässige Entflechtung von Publikums- und internem Bereich sowie eine einheitliche Gestaltung der Räume:
UG, EG, 1. und 2.OG gehören nun ganz dem Publikum (ca. 1350 m2, bisher ca. 690 m2).
Die internen Räume befinden sich im 3. und 4. OG (ca. 640 m2, bisher ca. 610 m2)
Das Erdgeschoss ist der «Empfangsraum» der Bibliothek mit Information, Theke, Neuheiten, Katalog-, Internet- und Selbstverbuchungsplätzen. Der Zugang liegt im gedeckten Arkadenbereich. Grosse Schaufenster bieten Einblick und unterstreichen den öffentlichen Charakter der Bibliothek.
Das Untergeschoss ist durch eine neue Treppe mit dem Erdgeschoss verbunden. Mit zwei Deckenöffnungen wird mehr Tageslicht ins Untergeschoss gebracht und damit die Kelleratmosphäre reduziert.
Das 1. Obergeschoss wird mit der Verlagerung der Verwaltungsbüros und dem Wiedereinbezug des «Alkovens» (zentraler Oberlichtsaal, bisher Sitzungszimmer, ursprünglich Teil des Lesesaals) zur grössten zusammenhängenden Fläche der Bibliothek (ca. 460 m2). Grösse und Höhe der Räume sowie der erwähnte Oberlichtsaal verleihen diesem Geschoss den repräsentativen Charakter einer öffentlichen Bibliothek.
Das 2. Obergeschoss eignet sich für die Cafeteria (unbedient) mit einem Lesebereich für Zeitschriften und Zeitungen und verfügt über einen direkten Ausgang auf eine hübsche Dachterrasse.
Im 3. und 4. Obergeschoss sind die Büros der Verwaltung, Arbeitsplätze in Grossraumbüros, ein Sitzungszimmer, die Buchbinderei, der EDV-Raum, ein Pausenraum sowie Personalgarderobe und Nebenräume untergebracht.
Neben den räumlichen Anpassungen und Veränderungen wurden sämtliche Oberflächen (Boden, Wände, Decken), sowie die Haustechnik erneuert. Besondere Schwierigkeiten bot das Unterbringen der Installationskanäle und der elektro- und kommunikationstechnischen Anlagen, für die die Anforderungen stark gestiegen waren.
Der Stil des Hauses legt eine zurückhaltende, elegante Gestaltung der Räume nahe: Wände, Decken, Böden und Büchergestelle sind weiss, für die Beleuchtung wurden bündig in die Decke eingebaute, parallel zur Balkenlage geführte Lichtbänder gewählt, Haupttüren, neue Treppenelemente, Brüstungen und einzelne Möbel sind in Nussholz ausgeführt.
Einen starken Akzent setzen die farbigen, in freier Form ausgebildeten Theken, Infodesks, Internet-, Opac- und Selbstverbuchungsstationen.
Umbau mit Publikum
Eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten (MitarbeiterInnen/BenutzerInnen/ ArchitektInnen und Unternehmer) ist der Umstand, dass die Bibliothek während der zweijährigen Umbauzeit immer fürs Publikum zugänglich bleiben muss. Das Einrichten von engen Provisorien für Technik, Arbeitsplätze und Publikumsbereiche, grosse Staub- und Lärmimmissionen, komplizierte Lösungen für die bautechnischen Schnittstellen bedeuten eine Belastung.
Wir freuen uns auf die Fertigstellung der Arbeiten im Herbst 2007 und hoffen auf ein positives Echo der MitarbeiterInnen und BesucherInnen der Bibliothek.
Résumé
- Français
Au cours des dernières années nous avons eu l’occasion de rénover, reconstruire et/ou étendre plusieurs filiales de la Bibliothèque Pestalozzi à Zurich: Les travaux touchant les filiales d’Aussersihl, de Schwamendingen et d’Altstetten sont aujourd’hui achevés. Le centre principal, Zähringerstrasse est en chantier, la filiale de Sihlcity est en phase de planification avant exécution. Enfin, la bibliothèque de quartier d’Oerlikon va disposer d’un projet pilote. Encore et toujours des bibliothèques, cela ne devient-il pas ennuyeux? Non, car chaque nouvelle bibliothèque est un nouveau défi