Commentaires Résumé
2009/2 Menschenrechte in Schweizer Informations­einrichtungen

Informationsmanagement und Menschenrechte – die Rolle von Archiven im globalen Kontext – das Beispiel des Archivs von mission 21

Commentaires Résumé

Mission 21 ist ein zukunftsorientiertes, der Ökumene verpflichtetes Missionswerk. Im Rahmen von langjährigen Kooperationen und nachhaltigen Austausch- und Entwicklungsprojekten pflegt es intensive Beziehungen zu nahezu 60 Partnerkirchen und -organisationen in 17 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.

mission 21 und ihre Wurzeln

mission 21 wurde im Jahr 2001 gegründet und ist ein Zusammenschluss der Basler Mission, der Evangelischen Mission im Kwango, der Herrnhuter Mission und der Südafrika-Mission. Das Missionswerk finanziert sich überwiegend über Spenden von Kantonalkirchen und Kirchgemeinden, von Privatpersonen, von Stiftungen sowie über Beiträge der DEZA und weiterer Organisationen. Viele Projekte von mission 21 befassen sich im engeren oder weiteren Sinn mit Menschenrechten. Als Beispiele seien Projekte der Frauenförderung in verschiedenen Ländern Lateinamerikas und Afrikas und der Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte für MigrantInnen und IndustriearbeiterInnen in Hongkong genannt.

Die junge mission 21 steht hier in der Tradition ihrer Trägervereine, die bereits im frühen 19. Jahrhundert den Menschen in den Mittelpunkt stellten und deren Entstehung unter anderem auf die Anti-Sklaverei-Bewegung zurückgeht. Die Verbreitung von Information und Bildung in den jeweiligen Lokalsprachen war nicht nur im engeren Sinn der missionarischen Bestrebungen, sondern auch in einem breiten, menschliche Grundrechte einschliessenden Sinn ein Anliegen der Missionare. Um dieses Ziel zu erreichen, leisteten sie oft jahrelange linguistische Grundlagenarbeit, die für einige Sprachen wie das ghanaische Twi (über 3 Mio. Sprecher) oder das südindische Kannada (neue Bezeichnung für Kanaresisch, 38 Mio. Sprecher) noch heute von Bedeutung ist. Die Stärkung der Lokalsprachen schuf für viele Bevölkerungsgruppen ein Gegengewicht zu den jeweiligen dominanten Sprachen. 

Die Bedeutung von Missionsarchiven

Die reichen Bestände der Missionsarchive sind für Forschungen und Recherchen in Fachgebieten wie Kultur- und Kirchengeschichte, Ethnologie, Geografie, Umweltwissenschaften und für Landrechtsfragen nutzbar. Die Erschliessung solcher Archive und ein weltweit offener Zugang zu diesen digitalen Repositorien sind aktuelle Formen der Rückgabe von Kulturgut an die Herkunftsländer. Sie können auf unterschiedlichen Ebenen für die Thematik der Menschenrechte und für Rechte von Minderheiten relevant sein.

Die Basler Mission, der grösste Trägerverein von mission 21, engagiert sich tatkräftig für die Erhaltung ihres Archivs. Im Dezember 2008 konnte daher der Kulturgüterraum erweitert und neu eingerichtet werden. Schon Ende der 1980er-Jahre setzte sich die Erkenntnis durch, dass neben der Archivierung und Konservierung der Sammlungen auch deren Erschliessung eine zentrale Aufgabe sein muss und zu den «Kerngeschäften» einer Missionsgesellschaft mit einer fast 200-jährigen Tradition zählt. Dank der Bedeutung des Archivs innerhalb der deutschsprachigen evangelischen Missionswerke und dank seiner Vollständigkeit konnte die Erschliessung von Teilsammlungen immer wieder durch Fremdmittel sichergestellt werden. Dennoch ist es keine Selbstverständlichkeit, dass das Archiv einer Missionsgesellschaft nicht nur minimal bearbeitet ist, sondern in Fragen der elektronischen Erschliessung zu den Pionieren zählt. Dabei unterstützt uns auch ein vor drei Jahren gegründeter Förderkreis, die Friends of the Archives (vgl. unten).

Preservation and Access – Strategien der Erschliessung 

Der Historiker Dr. Guy Thomas leitet das kleine Archiv- und Bibliotheksteam, das häufig durch Praktikantinnen und Zivildienstleistenden ergänzt wird. Die Strategie, die wir bei der Erschliessung aller Teilsammlungen verfolgen, ist die der Sicherung der Origi- nale durch eine sachgerechte Konservierung und der Digitalisierung der wichtigsten Sammlungsteile. Während bei den bereits abgeschlossenen oder laufenden Projekten der Digitalisierung eine Sicherheitsverfilmung vorausging, digitalisieren wir heute Vorlagen zuerst und lassen die Digitalisate dann auf Mikrofilm ausbelichten. Wir verfolgen also eine zweigleisige Strategie, die die Datensicherung nicht ausschliesslich im digitalen Bereich sucht.

Den Kern unserer zukünftigen Website werden die digitalisierten Findmittel zu den Archivbeständen und die Datenbanken mit den Metadaten der wichtigsten Teilsammlungen bilden. Sie werden mit den Digitalisaten der Bilder, Landkarten und eines Teils der Archivalien verlinkt sein. Durch die Vernetzung der Informationen untereinander soll eine neue Qualität der Erschliessung erreicht und der internationalen Nutzung zugänglich gemacht werden. Dieser offene und demokratische Zugang zur Information ist auch im Lichte von Menschenrechtsfragen zu sehen und ist für viele Herkunftsländer von grosser Bedeutung. Material aus unseren Archiven hat bereits in früheren Jahren bei Landrechtsfragen eine wichtige Rolle gespielt.

Archiv + Bibliothek von mission 21: die Bestände 

– Bibliothek: über 50 000 Bände und ca. 150 laufende Zeitschriften. Die Bestände sind grösstenteils im Onlinekatalog des Bibliotheksverbundes der Hochschulen Basel und Bern (Informationsverbund IDS) verzeichnet und haben die inhaltlichen Schwerpunkte Missions- und aussereuropäische Geschichte, interkulturelle Theologie, Entwicklungspolitik und Ethnologie zu Afrika, Asien und Lateinamerika. Besondere Beachtung wird der sogenannten grauen Literatur, d.h. schwer erhältlichen Kleinpublikationen und Broschüren, geschenkt.

– Bibelsammlung: knapp 400 Bände unterschiedlichster Provenienz. Sie gilt als einzigartig.

– Betriebsdokumentation: Das von der Basler Mission und ihren Partnern veröffentlichte, umfangreiche Schriftgut enthält Publikationen sowohl in verschiedenen europäischen Sprachen als auch in den jeweiligen afrikanischen oder asiatischen Sprachen. Die relativ aufwendige digitale Erschliessung der teilweise noch handschriftlichen Findmittel und die Digitalisierung derjenigen Schriften, die bereits mikroverfilmt sind, ist mittelfristig geplant.

–  Aktenbestände der 1815 gegründeten Basler Mission: knapp 2000 LM. Die geografischen Schwerpunkte sind Ghana, Kamerun, Südindien, Südchina und Kalimantan. Seit rund zehn Jahren gehört auch der ältere Teil des Archivs der Union Trading Company zu diesem Bestand. Die Handelsgesellschaft hat sich 1917 von der Basler Mission getrennt. Die Digitalisierung der Archivfindmittel ist in der Realisierungsphase und wird im kommenden Winter online geschaltet.

–  Sammlung historischer Fotografien der Basler Mission: vgl. unten.

–  Sammlung historischer Landkarten, Kartenskizzen, Bau- und Situationsplänen der Basler Mission: rund 9000 Objekte. Seit drei Jahren stehen diese im Zentrum der Aufarbeitung. Die Digitalisierung von rund 4000 Karten und Plänen ist nahezu abgeschlossen. Von allen digitalisierten Karten, Plänen und Skizzen wird ausserdem eine Makrofiche erstellt. Zurzeit planen Fachleute die Repräsentation dieser teilweise grossformatigen Raumdarstellungen im Internet sowie deren Verknüpfung mit Geodaten und den historischen Fotografien.

– Objektsammlung der Basler Mission: ca. 6000 Objekte, seit 1981 als Dauerleihgabe im Museum der Kulturen Basel.

www.bmpix.org – die Sammlung historischer Fotografien 

Als erste Teilsammlung – und bei der Planung Ende der 1980er Jahre ein wirkliches Pionierprojekt – wurde die Sammlung historischer Fotografien bearbeitet. Die Bilder wurden sicherheitsverfilmt und auf einen analogen Bildträger, eine Sony Drawdisk mit den sagenhaften Ausmassen von 33,5 ∑ 34 cm, geschrieben. Parallel dazu erfolgte die Datenerfassung unter Ein- haltung der Standards für Objektsammlungen. Kulturhistorische Thesauri für die visuelle Beschreibung aussereuropäischer Kulturen waren nicht greifbar oder veraltet, sodass wir uns für die Erarbeitung hierarchisierter Stichwortlisten entschieden haben (vgl. unten: Hinweis auf «final report»).

2002 hat mission 21 in Zusammenarbeit mit Hyperstudio/Hyperwerk der Hochschule für Gestaltung und Kunst, Fachhochschule Nordwestschweiz, und mit finanzieller und ideeller Unterstützung der Christoph Merian Stiftung Basel rund 27 000 Bilder auf der Website www.bmpix.org veröffentlicht. Hiezu griffen wir auf den Sicherheitsfilm zurück und führten die Bilddaten via KODAK PhotoCD in die digitale Welt. Die Recherchemöglichkeiten sind hierarchisch strukturiert nach Fotograf/Fotostudio, Eigennamen von Personen und Institutionen, geographischen und sachthematischen Begriffen. Essays von sogenannten Visual Interpreters bieten einen zusätzlichen differenzierten Zugang zu den Bildern. Rahul Mehrotra und Sharada Dwivedi interpretieren die Bilder aus der Sicht indischer Architekten. Professor Emmanuel Akyeampong, ein Spezialist für westafrikanische Geschichte an der Harvard University, äussert sich zu historischen Fragestellungen, die sich aus diesem visuellen Material ergeben.

Seit sechs Jahren stehen wir in einem interkulturellen Dialog mit Nutzerinnen und Nutzern der Website www.bmpix.org. Wir konnten über zahlreiche Bilder und Bildgruppen neue Erkenntnisse gewinnen und Menschen auf der Suche nach ihren Wurzeln oder bei ihren wissenschaftlichen Recherchen begleiten. Dank den Einnahmen aus den Nutzungsgebühren für gedruckte und elektronische Publikationen sowie aus Ausstellungen konnten wir den dringend nötigen Eigenfinanzierungsgrad des Archivs erhöhen. Die Nutzungsstatistik zeigt ein stabiles Niveau von Anfragen aus Europa, Nordamerika und Asien. Leider sind die Netzwerkdienste in den afrikanischen Ländern teilweise noch nicht so gut ausgebaut, sodass Bilddatenbanken dort bislang nicht optimal genutzt werden können.

Ein weiterer Schritt auf dem digitalen Weg wird zurzeit gerade vollzogen. Aus den 12000 Neuzugängen historischer Bilder wurde eine Auswahl von 1500 Bildern digitalisiert und katalogisiert. Zudem wurden alle im interaktiven Prozess mit den Nutzern gewonnenen Erkenntnisse in die Datenbank eingefügt. Die Digital Library der University of Southern California (USC) in Los Angeles, mit der wir ein Abkommen über eine langfristige Zusammenarbeit geschlossen haben, hat die Metadaten auf den gängigen Dublin- Core-Standard konvertiert. Die Aufschaltung der Bilddatenbank unter zwei Webadressen, einer eigenen und derjenigen des Internet Mission Photography Archive (IMPA), steht kurz bevor und wird den Nutzern bessere, den heute üblichen Suchstrategien angepasste Recherchemöglichkeiten zur Verfügung stellen. IMPA ist ein Verbund mehrerer historischer Bildarchive von Missionsgesellschaften und bietet nun über 40000 dokumentierte Bilder an. Über die USC sind wir zudem der Open Archive Initiative angeschlossen. Auf diese Weise werden die Daten, nicht aber die Bilder, auch Nutzern anderer digitaler Archive angezeigt und können diese zu unseren Websites führen. Wir haben uns zu dieser Zusammenarbeit entschlossen, um das spannende Forschungsmaterial einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen und gleichzeitig die langfristige Sicherheit der digitalen Daten im Rahmen eines grossen Universitätsrechenzentrums zu gewährleisten.

Ausblick

Wir sind überzeugt, dass wir mit diesen Projekten einen wesentlichen Beitrag zur Öffnung der Archive und vor allem auch zur schnellen und weltweiten Zugänglichkeit der Daten leisten. Durch die Vernetzung von Informationen innerhalb und ausserhalb des Archivs werden neue, zukünftige Forschungspotenziale erschlossen. In Basel geschieht dies auch auf direktem Wege. Dr. G. Thomas nimmt an der Universität Basel einen Lehrauftrag für Afrikanische Geschichte wahr und begleitet zahlreiche Studierende bei ihren Studien. Das Fachwissen über historische Fotografie fliesst durch mich und meine Kollegin vom Schweizerischen Landesmuseum, Ricabeth Steiger, in den Nachdiplomstudiengang UP «Papier-Konservator/in» des Advanced Study Centre der Universität Basel ein.

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Barbara Frey Näf

Kuratorin der Sammlung historischer Fotografien, Archiv und Bibliothek, mission 21, Basel.

Weitere Informationen unter:

Résumé

Fondée en 2001 à Bâle, mission 21 vise à entretenir des relations de coopération à long terme avec 57 Eglises dans 17 pays en Afrique, Asie, Amérique latine et Europe. Ses objectifs sont la mise au point d’un réseau chrétien et ecclésial sur le plan international, l’élaboration de projets de lutte contre la pauvreté, d’actions pour la paix, pour la santé, contre le sida. Elle veut jeter des ponts entre les cultures et les Eglises. mission 21 dispose d’une bibliothèque et d’archives régulièrement mises à jour. Le riche fonds des archives sert aux recherches dans les domaines de l’histoire de la culture et des Eglises, de l’ethnologie, de la géographie, des sciences de l’environnement et des questions du droit des pays. Les archives jouent un grand rôle dans la thématique des droits humains et des droits des minorités. La diffusion d’information et la formation dans les langues locales font partie des droits fondamentaux humains à promouvoir. C’est ainsi que des travaux linguistiques ont été effectués sur des langues encore pratiquées aujourd’hui, comme le Twi du Ghana (3 millions de personnes) ou le kannada du Sud de l’Inde, parlé par 38 millions de personnes. La mission protestante bâloise, principal protagoniste de mission 21, soutient la mise en valeur des archives. En 2008, l’espace réservé aux biens culturels a ainsi été élargi. La stratégie consiste à sauvegarder les originaux par une conservation adéquate et par la numérisation des parties les plus essentielles des collections. La mise en réseau des informations permettra une revalorisation du fonds et une utilisation sur le plan international. Une bibliothèque de plus de 50 000 volumes et 150 revues, une collection biblique de 400 volumes de différentes provenances, un ensemble de cartes géographiques, esquisses et plans de situation et de construction de la mission de Bâle (environ 9000 objets) constituent le fonds des archives. De plus, 6000 objets sont depuis 1982 en prêt longue durée au Museum der Kulturen de Bâle. 27 000 photos ont été publiées sur le site www.bmpix.org, ce qui favorise les travaux de recherche et le dialogue in- terculturel. Grâce à la toile, l’accès à tous ces documents est aisé dans presque tous les pays, sauf en Afrique où un effort doit encore être fait. Les projets en cours visent à mettre rapidement à disposition le riche fonds des archives sur le plan mondial.