Commentaires Résumé
2011/4 Kommunizieren wir!

«Wie sag ichs meinem Kunden?» Die Praxis in der Schweizerischen Nationalbibliothek

Commentaires Résumé

«Alles über die Schweiz» – so lautet das Motto der Schweizerischen Nationalbibliothek (NB). Ausgehend von diesem Motto erhebt die Publikumsinformation der NB mit ihrem Angebot SwissInfoDesk den Anspruch, alle Fragen zur Schweiz zu beantworten. Während die Linkliste auf unserer Website eine Hilfestellung beim selbständigen Recherchieren zum Thema Schweiz bietet, stehen bei unserer Beratung der Benutzerinnen und Benutzer vor Ort und beim Recherchedienst konkrete Fragestellungen im Vordergrund.

Die beiden wichtigsten Kommunikationskanäle mit den Kundinnen und Kunden sind in unserem Fall einerseits der persönliche Kontakt an der Informationstheke und andererseits die Korrespondenz per E-Mail, häufig auch mit Personen im Ausland. Anteilmässig stark zurückgegangen sind in den letzten zehn Jahren sowohl die telefonischen Anfragen wie auch jene «auf Papier» (Brief, Fax).

Grundsätze

In der Kommunikation mit den Benutzerinnen und Benutzern halten wir uns an einige Grundsätze, welche für alle Kanäle Gültigkeit haben:

– Den Kunden als Person ernst nehmen: Ansprechen mit seinem Namen, Nennung des eigenen Namens;

– Antwort in derselben Sprache wie die Anfrage (wobei wir Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch, in Ausnahmen auch Spanisch, abdecken können)1;

– Verwendung des gleichen Kommunikationsmittels wie bei der Fragestellung;

– Eingehen auf alle an uns gerichteten Fragen, auch wenn sie nicht das eigene Fachgebiet betreffen (in unserem Fall die Schweiz);

– Nennen der gefundenen Informationen und Referenzen;

– Angabe der verwendeten oder in Frage kommenden Findmittel;

– Erläutern des Vorgehens (Recherchestrategie);

– Hinweisen auf weitere mögliche Quellen oder Institutionen.

Ich vertrete die Meinung, dass wir bei jeder Beratung versuchen müssen, die Informationskompetenz der Benutzerinnen und Benutzer zu fördern, und dass wir sie zum selbständigen Recherchieren animieren sollen. In diesem Sinne sehe ich die «Hilfe zur Selbsthilfe» als Standardangebot, wobei wir je nach Fragestellung und/oder Hintergrund des Kunden durchaus auch deutlich darüber hinausgehen.

Mit zunehmender Berufserfahrung entwickeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gewisse Sensibilität, bei welchen Fragestellungen und bei welchen Kundentypen eher «Hilfe zur Selbsthilfe» und bei welchen eher «pfannenfertige» Antworten angezeigt sind. Die beiden Extreme diesbezüglich bilden wohl auf der einen Seite die Studierenden, welche zum selbständigen Recherchieren angehalten werden, und auf der anderen Seite EDV-ungewohnte ältere Benutzer, für die wir neben der Literaturrecherche auch gleich noch das Bestellen im Onlinekatalog übernehmen. Wie so oft gibt es zu beiden Fällen auch typische Gegenbeispiele: junge Benutzerinnen oder Benutzer, die im Bibliothekspersonal Dienstleister sehen, welche die relevante Literatur nicht nur recherchieren, sondern auch gleich auswählen und bestellen. Und auf der anderen Seite «moderne» Seniorinnen wie jene Frau, welche ganz entrüstet war, als ich ihr kürzlich bei der Benutzung des Computers behilflich sein wollte.

Es gibt auch spezifische Aspekte zu beachten, in welchen sich die Kommunikation vor Ort und jene «à distance» unterscheiden:

  • Bei der Beratung vor Ort besteht die Gefahr, dass wir eher dazu neigen zu hilfsbereit zu sein und den Kunden zu wenig zuzutrauen. Andererseits soll auch jenen Personen Beachtung geschenkt werden, die überfordert sind und sich kaum getrauen, um Beratung nachzutragen.

  • Die schriftliche Kommunikation muss versuchen, die zu Beginn genannten Elemente wiederzugeben und dabei das Relevante hervorzuheben und das Überflüssige zu vermeiden. Auch hier besteht eher die Gefahr, dass wir zu viele als zu wenige Informationen vermitteln. Aber: Wenn sich jemand beispielsweise nach der Verfügbarkeit einer bestimmten Zeitschrift erkundigt, ist es wohl sinnvoll, ihn gleich auch – pro-aktiv – auf Konsultationsmöglichkeiten, Öffnungszeiten u.a. hinzuweisen.

  • Bei unklaren oder komplexen Anfragen, die telefonisch an uns gelangen, bitten wir die Anrufenden oft, ihr Anliegen per E-Mail an uns zu richten. Dies zwingt einerseits die Betroffenen, ihre Frage klar zu formulieren, und hilft andererseits, Tipp- und Verständnisfehler zu vermeiden.

Die erwähnten Beispiele zeigen zumindest eines: Es ist nicht immer einfach sich «richtig» zu verhalten! Das Spektrum der Benutzerinnen und Benutzer ist in der NB – wie sicher in vielen anderen Bibliotheken auch – sehr breit, und das Personal ist immer wieder gefordert, herauszuspüren, welche Bedürfnisse jemand hat und welcher Umgang gerade angezeigt ist. Dies erfordert nicht nur eine gute Menschenkenntnis und ein gewisses Einfühlungsvermögen, sondern auch Kommunikationsbereitschaft und eine offene, positive Einstellung allen Menschen und ihren Anliegen gegenüber.

Im Rahmen der «Virtuellen Auskunft über die Schweiz» haben wir gemeinsam mit den Partnerbibliotheken eine Charta2 formuliert, in welcher viele der genannten Punkte enthalten sind und welche ihrerseits von den Regeln der RUSA (Reference and Users Services Association) inspiriert sind.

Hilfsmittel

Um eine zielgerichtete und auch effiziente Beratung des Publikums zu ermöglichen, stehen den Mitarbeitenden der Publikumsinformation verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung. Diese wurden vom Team selbst erarbeitet und entstanden z.T. über Jahre hinweg. Darin sind sowohl tagtäglich verwendete Quellen und Abläufe festgehalten als auch viele Spezialfälle und -regelungen, welche nur selten vorkommen und deren Kenntnis unmöglich von allen in den Publikumsräumen und der Beratung mitarbeitenden Personen erwartet werden kann (einige arbeiten täglich an der Informationstheke, andere nur sporadisch). Folgende Hilfsmittel können bei uns unterschieden werden:

– Handbuch Publikumsinformation: Dieses enthält eine Fülle an vorwiegend praktischen Informationen: von Anleitungen für technische Geräte über die Organisation der Pausen- und Mittagsablösung bis zu Suchtipps für verschiedene Kataloge und Datenbanken. Es handelt sich bei diesem Handbuch um untereinander verlinkte HTML-Dokumente, deren Inhalte von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst aktualisiert und ergänzt werden. Das Handbuch leistet auch bei der Einführung von Auszubildenden und neuen Mitarbeitenden wertvolle Dienste.

– Textbausteine: Für die Beantwortung schriftlicher Anfragen stehen vorformulierte Texte zu rund 20 häufig nachgefragten Themen zur Verfügung, dies in den drei am meisten verwendeten Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch. Dies erleichtert und rationalisiert insbesondere das Formulieren von Antworten in einer anderen Sprache als der eigenen Muttersprache. Zudem vergisst man weniger häufig, gerade auch naheliegende Informationen zu erwähnen.

– Recherchemittel: Hierbei handelt es sich um Dokumente mit inhaltlich bereits aufbereiteten Informationen, welche regelmässig nachgefragt werden. So findet man darin zum Beispiel eine Liste der Amtsblätter aller Kantone mit Angaben von Signatur und Bestand in der NB sowie dem Link auf die aktuellen Onlineversionen. Oder ein Verzeichnis der genealogischen und heraldischen Ressourcen zur Schweiz.

– Last but not least: die vom Dienst Publikumsinformation gepflegte Linkliste zur Schweizwww.nb.admin.ch/swissinfodesk > SwissInfoDesk Links.nebst vielen anderen Inhalten der gesamten NB-Website.

Ausblick

Wie Sie unschwer feststellen können, bewegt sich die Dienstleistungskommunikation mit den Benutzerinnen und Benutzern an der Schweizerischen Nationalbibliothek, wenn es um Recherchen geht, bisher in sehr konventionellem Rahmen. Um den sich wandelnden Kommunikationsgewohnheiten der jüngeren Generationen gerecht zu werden und diese als (potentielle) Benutzerinnen und Benutzer überhaupt zu erreichen, informiert und kommuniziert die NB allgemein zwar seit einiger Zeit auch über Facebook und Twitter. Aber es ist noch einmal eine andere Sache, auch die Rechercheangebote direkt über diese Kanäle abzuwickeln. Wir prüfen im Moment, wie unsere Dienstleistungen künftig auch über Twitter oder Applikationen für mobile Geräte angeboten werden können. Dabei geht es nicht nur um die Frage, welche Kanäle überhaupt und wenn ja, in welcher Form, geeignet sind, sondern vor allem auch darum, die Arbeitsprozesse daran anzupassen. Können und wollen wir zum Beispiel komplexe Anfragen und Antworten zur Schweiz auch über superschnelle Kanäle wie Twitter anbieten? Wie geeignet sind die spezifischen «Regeln» und der «Verhaltenskodex» jedes einzelnen dieser Kanäle für die Beantwortung von Rechercheanfragen? Solche Fragen beschäftigen uns im Moment im Zusammenhang mit der Kundenkommunikation – die Antworten darauf werden uns wohl auch einige der im Artikel genannten Grundsätze für die Kommunikation anpassen und neue formulieren lassen.

Avatar

Beat Scherrer

Leiter Publikumsinformation Schweizerische Nationalbibliothek

Résumé

«Tout sur la Suisse» – telle est la devise de la Bibliothèque nationale suisse (BN). Le SwissInfoDesk est là pour apporter une réponse concrète à ce principe en fournissant réponse à toutes les questions qui peuvent se poser sur la Suisse. La liste des liens sur le site web de la BN offre une aide certaine, mais les deux canaux fondamentaux de la communication avec les clients demeurent le contact personnel au bureau dinformation et la correspondance par e-mail, souvent avec des personnes à l’étranger. Au cours des dix dernières années, les demandes de renseignements téléphoniques, ainsi que les échanges «sur papier» (lettres, fax) ont fortement diminué. La BN a formulé un certain nombre de principes pour répondre à ses clients: elle les considère dans leur individualité propre, interagit dans leur langue et sur le même canal ou outil de communication que celui retenu par le client, aiguille la personne sur la bonne institution lorsque la question est hors champ, donne ses sources d’information et sa stratégie de recherche et suggère des pistes complémentaires. Au-delà de ces principes, face à des formes de communication qui se renouvellent rapidement, notamment chez les plus jeunes, le recours aux réseaux sociaux et aux applications mobile doit être introduit dans la stratégie de communication de la BN, en tenant compte de la spécificité de chaque mode de communication.