Commentaires Résumé
2015/1 Associations I+D

Verhandlungen – Nachrichten – Mitteilungen – arbido

Commentaires Résumé

Ein hundertjähriger Slalom zwischen Verbandsberichterstattung und Fachberichterstattung. Ein kurzer Abriss zur Geschichte der Zeitschrift arbido und ihrer Vorläuferinnen.

Ende 1915 wurden erstmalig die Verhandlungen des VSB (Vereinigung Schweizer Bibliothekare) gedruckt und an die damals etwa 70 Einzelmitglieder, «ein Freundeskreis einiger initiativer Leiter von wissenschaftlichen Bibliotheken»1, geschickt, wo sie anfangs 1916 eintrafen. Das neue Verbandsorgan sollte der Förderung des schweizerischen Bibliothekswesens dienen, so das Verständnis von Hermann Escher, Direktor der Stadtbibliothek Zürich, dem damaligen Redaktor und gleichzeitigen Verbandspräsidenten. Inhalt dieser Jahresberichtserstattung sollten Nachrichten und Mitteilungen aus Schweizer Bibliotheken werden. Seit 1916 angedacht war auch, eine jährliche Bibliotheksstatistik in diese Publikation aufzunehmen. Der dazu benötigte Fragebogen wurde bereits 1915 diskutiert und publiziert. Die Fachberichterstattung drehte sich um die Einführung eines Gesamtkatalogs wenigstens der ausländischen Literatur sowie der schweizerischen Literatur vor 1900 in schweizerischen Bibliotheken als Mittel zur nationalen Fernleihe.

Mit viel Hoffnung gestartet

Der Start gelang stockend. Bei der fachlichen Berichterstattung ging es um Mitteilungen aus den Mitgliedsbibliotheken und die wieder auflebenden internationalen Beziehungen nach dem ersten Weltkrieg. Fünf Hefte der jeweils zwei Jahre umfassenden Verhandlungen erschienen bis 1923. In Nr. 2 (1916/17) ersucht Escher um Beiträge der Kollegen2. In Nr. 3 (1918/19) entschuldigt sich Escher, dass die Bibliotheksstatistik bisher nicht wie vorgesehen in den Verhandlungen erscheinen konnte3. Bereits 1918 ging ein Vorschlag von H.G. Wirz ein, die damals «noch nicht organisierten Archivare» einzuladen, in der VSB mitzumachen. Der Vorschlag wurde aber von Escher mit dem Argument entkräftet, dass die Archivare diesbezüglich schon selbst vorstellig werden sollten4.

Ab 1925 bis 1928 erschien das Mitteilungsblatt unter dem neuen Titel Nachrichten als vervielfältigte Blätter statt im Buchdruck. Godet stellt in der Publikation1 (1925) die grossen Rubriken vor, die sich in der Folge über eine lange Phase nicht verändern sollten: Mitteilungen des VSB, vor allem des Vorstands, Organisationsfragen, technische Fragen, Fragen zu der Einrichtung und zu Budgetfragen, Fragen der Benutzerinformation wie Kataloge und Benutzerbetreuung, Personelles aus den Bibliotheken, Fragen und Vorschläge sowie Verschiedenes. Den Abschluss der Publikation bildeten Inserate. Weiterhin blieben die Nachrichten das Verbandskommunikationsmittel des zu diesem Zeitpunkt amtierenden VSBPräsidenten Marcel Godet, der gleich selbst als Redakteur amtete.

Zwischen 1928 und 1950 wurde nun die Bibliotheksstatistik jeweils in den Nachrichten der VSB veröffentlicht, danach wurde die Statistik als Ergänzungspublikation für weitere 10 Jahre den Nachrichten beigelegt. Bei den Fachbeiträgen ging es weiterhin um die Einrichtung eines Gesamtkataloges und ab den dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts um die Professionalisierung der Aus- und Weiterbildung. Die Hefte waren nun eine Mischung aus Verbandsnachrichten, Berichten von Jahresversammlungen und Fachtagungen sowie Berichten aus einzelnen Mitgliedsbibliotheken und Nachrufen. 1930 gab es eine Anfrage seitens der Schweizerischen Bibliophilen Gesellschaft, die Nachrichten mit zwei bis drei Seiten in die Zeitschrift Schweizer Sammler zu integrieren. Die Bibliophile Gesellschaft versprach dies, dank eines anonym bleibenden Gönners, gratis machen zu wollen. Dieses Vorhaben wurde aber nie umgesetzt5.


Gemeinsame Trägerschaft mit der Schweizerischen Vereinigung für Dokumentation (SVD)


Die Artikel der Nachrichten erschienen in den dreissiger Jahren weiterhin auf Deutsch und Französisch in fünf bis sechs Ausgaben im Jahr. Im Jahre 1939 erschien erstmalig ein Artikel in italienischer Sprache. Ab Mitte der vierziger Jahre erschienen die ersten Beiträge seitens der Schweizerische Vereinigung für Dokumentation (SVD), die offiziell im Januar 1939 gegründet wurde6.

Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges begann erneut die Berichterstattung über den Zustand der Bibliotheken im kriegszerstörten Ausland und die Wiederaufnahme der internationalen Beziehungen zu den Verbänden anderer Länder. Als Folge wurde auch eine Hilfe der Schweizer Bibliotheken an europäische Bibliotheken als Erweiterung der «Schweizer Spend» in die Wege geleitet. So erschienen auch Berichte über die Lage der Bibliotheken in Polen und der Tschechoslowakei.

Vom Sachkatalog zur Informatisierung der Bibliothek

Die Hefte wurden ab 1947 durch längere Artikel, Buchbesprechungen und Informationen aus anderen Fachorganen seitenmässig immer umfangreicher. Ab 1948 beteiligte sich die SVD mit einem Drittel der Produktionskosten an den

Nachrichten der Vereinigung Schweizerische Bibliothekare und der Schweizerischen

Vereinigung für Dokumentation7. Es gab in der Folge immer wieder Diskussionen rund um die Produktionskosten der Zeitschrift, was auch zu Einschränkungen im Heftumfang führte.

Vor allem in den Jahren 1960 – 1965 erschienen die Nachrichten mit Berichten aus Institutionen des In- und Auslands in Form einer Art Bibliothekschronik. Lag es an den sich abzeichnenden Veränderungen im Bibliothekswesen seit den fünfziger Jahren? Es finden sich so gut wie keine Fachartikel zur EDV, wohl aber zur Einführung von Sachkatalogen, die meist die Mitglieder der SVD geschrieben hatten. Erst wenige Hinweise finden sich auf die Einführung und Anwendung der EDV in den fünfziger und sechziger Jahren an Bibliotheken in der Schweiz. Erst ab Ende der siebziger Jahre verzeichnet man mehr Artikel zum Thema Informatisierung der Bibliotheken.


Die Mitteilungen der Vereinigung schweizerischer Archivare (VSA)8

Die 1922 gegründete VSA wollte 1934 ein eigenes Bulletin gründen, entschied sich aber «im Interesse der Konzentration der geschichtlichen Arbeit»9, die Zeitschrift für schweizerische Geschichte zum Organ ihrer Vereinigung zu machen. In den Jahren 1933 bis 1972 veröffentlichte sie hier regelmässig Berichte über ihre Jahresversammlungen und für den Zeitraum 1930–1934 erstmals eine von der historischen Forschung begrüsste «Rundfrage über wichtigen Zuwachs und grössere Erschliessungsarbeiten»10, deren acht bis 1971 erschienen11.

An der 22. Jahresversammlung 1944 regte der damalige Präsident der VSA, Dr. Rudolf von Fischer; die «Schaffung eines periodischen Mitteilungsblattes [an], das als ‚Mitteilungen der Archivare’ zu dienen hätte»12. Im nächsten Jahresbericht 1945 wird dann vermeldet, dass «das Mitteilungsblatt der Archivare noch nicht Gestalt angenommen [hat], und es ist noch nicht ganz gewiss, ob sich der Gedanke zur Tat verdichten wird»13. Von Mai 1947 bis 1974 wurden schliesslich 25 Hefte der Mitteilungen

aus der Vereinigung Schweizerischer Archivare

veröffentlicht.

Im Zusammenhang mit verschiedenen Erneuerungen in der VSA 1974 wurde auch ein neues Vereinsorgan unter dem Titel Mitteilungen der Vereinigung Schweizerischer Archivare geschaffen, welches in jährlichen Heften neben einem Rechenschaftsbericht des Präsidenten, den Berichten über die Jahresversammlungen und die Arbeitstagungen auch Aufsätze zum Schweizer Archivwesen und Nachrufe sowie eine jährliche «Chronique Bibliographique» über Archivliteratur enthielt. Die Mitteilungen erschienen bis 1985.

Mangelnde Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit bei vielen Archivaren, finanzielle Überlegungen sowie die Beobachtung, dass Bibliothekare und Dokumentalisten ihre Zeitschrift Nachrichten VSB/SVD zu erneuern suchten, förderte Gedanken über eine gemeinsame Zukunft einer neuen Fachorgans14.


Die Verbände rücken zusammen: Arbido erscheint


1986 werden die Nachrichten, vor allem auf Betreiben der SVD, umbenannt zu arbido. Die Hefte sind nun ein gemeinsames Organ von drei Verbänden. Erstmalig beteiligte sich nun auch die Vereinigung Schweizerischer Archivare (VSA) an einem gemeinsamen Fachorgan. Die Entscheidung für eine gemeinsame Publikation fiel vor allem aus Kostengründen. Als Formel der Kostenverteilung wurde festgelegt, dass die Kosten für arbido nach den Mitgliederzahlen der drei Verbände (BBS, SVD und VSA) aufgeteilt werden sollten.

arbido erschien nun in zwei Versionen: einerseits als arbido-Bulletin (=Nachrichten) achtmal im Jahr und als arbido-Revue (=Magazin mit Fachartikeln) viermal pro Jahr. Hin und wieder erschien auch ein arbido-Spezial als Spezialnummer, etwa zum 50-jährigen Jubiläum der SVD. Das neue Konzept wird von der Leserschaft unterschiedlich aufgenommen. Die Kritik an dieser Konzeption zeigte in aller Deutlichkeit das Spannungsfeld der Erwartungen der Verbandsoberen und der Mitglieder: In einer Mitteilung der SVD wurde vermerkt, dass die Zusammenlegung von zwei Nummern der arbido-Revue auf viel Kritik bei den Mitgliedern gestossen sei, da mehr Revuenummern mit Fachartikeln vorgesehen waren, aber aus Kostengründen dann zusammengelegt wurden. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wurde in arbido dazu aufgerufen, bei den Verbandsekretariaten Doppelmitgliedschaften zu melden, um Doppelversände zu vermeiden. 1994 beschlossen der damalige BBS-Präsident und die Geschäftsführerin der BBS, die graphische Neugestaltung der Zeitschrift im Vierfarbendruck in Auftrag zu geben. Die Kosten wurden von der BBS übernommen15. Eine Nullnummer erschien zum gemeinsamen Kongress der drei Verbände in Lausanne, wo die gemeinsame Berufsund FH-Ausbildung beschlossen wurde. Ab 1995 erschien arbido in 11 Ausgaben als einheitlich gestaltetes Heft in farbiger Aufmachung ohne thematische Aufteilung. Die Erträge aus den Inseraten waren gut und Internetpublikationen stellte noch keine Konkurrenz für gedruckte Veröffentlichungen dar. Neu war auch die Einsetzung einer Chefredakteurin, die erstmalig nicht aus dem Mitgliederkreis der drei Verbände stammte. Dies galt auch für die Nachfolger in der Chefredaktion.

Ganz anders präsentierte sich die finanzielle Lage in der Mitte des ersten Jahrzehnts in diesem Jahrhundert. Der damalige BBS-Präsident wollte eine Kostenreduktion angesichts rückläufiger Inserateeinnahmen und geringer Verbandsmittel. Die BBS finanzierte erneut eine graphische Neugestaltung der Zeitschrift. Ab 2006 erschien arbido in neuem Layout nur noch viermal pro Jahr, dafür mit anfänglich 72 Seiten als Themenheft. Alle Nachrichten kamen fortan in einen kostenlosen digitalen Newsletter, der auch von Nichtmitgliedern bezogen werden kann. 2009 wurde auf Initiative der beiden damaligen Vorstandsmitglieder der beiden Verbände BIS und VSA das Heft auf 48 Seiten reduziert. Die Redaktion gestaltete zur Kostenersparnis von nun an das Groblayout selber.


Auf in die digitale Zukunft oder Wie weiter?

Swiss-lib, Blogs und Verbandsmitteilungen im Internet haben arbido inzwischen als einzigem Publikationsorgan für Information für ArchivarInnen und BibliothekarInnen den Rang abgelaufen. Wie vor 100 Jahren ist es aber nach wie vor der Wunsch beider Verbände, dass die Publikation von möglichst vielen gelesen wird.

2015 wird ein Jahr mit wichtigen Änderungen für arbido. Einerseits steht es im Zeichen der Übergabe der Chefredaktion von Stéphane Gillioz an Sara Marty. Andererseits haben die beiden Verbände beschlossen, arbido ab 2017 in eine digitale Zukunft zu führen. Verfolgt man die Debatte unter Medienprofis, etwa zwischen Spiegel-Print und Spiegel-Online, ist umstritten, ob die Print- oder die Webpublikation nachhaltiger sei. Die Entwicklung zum digitalen Publizieren scheint jedoch unumkehrbar. Heute gibt es aber noch keine Vorbilder für erfolgversprechende Geschäftsmodelle, die ausreichende Einnahmen aus der Herausgabe einer digitalen Fachzeitschrift garantieren würden. arbido unter diesen Vorzeichnen weiterzuentwickeln, stellt keine einfache Aufgabe dar, und sie wird das Gesicht der Zeitschrift und seine Position als Publikation erneut verändern.

Gabathuler Martin 2015

Martin Gabathuler

Dr. phil., Historiker und Archivar Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft

Hollaender Stephan 2016

Stephan Holländer

Stephan Holländer unterrichtet als Lehrbeauftragter an der HTW Chur und an der HEG Genève. Als Beauftragter für Weiterbildung BIS ist er für das Weiterbildungsprogramm des Bibliotheksverbandes BIS verantwortlich. Daneben bietet er mit seiner eigenen Firma umfassende Beratung für die Bereiche Archiv, Bibliothek, Dokumentation und Wissensorganisation an. Stephan Holländer war viele Jahre Mitglied der Redaktion von arbido. Heute publiziert er noch gelegentlich für arbido, wie auch für den deutschen Online-Nachrichtendienst Password Online sowie die deutsche Zeitschrift Bit Online

Résumé

Les auteurs nous proposent un slalom de 100 ans à travers les comptes rendus de l’association et les rapports techniques. Un bref aperçu de l’histoire de la revue arbido et des publications qui l’ont précédée. Fin 1915, le Bulletin de l’Association des bibliothécaires suisses était imprimé pour la première fois et envoyé aux 70 membres individuels que comptait l’effectif à l’époque. Les comptes rendus techniques étaient des communications des bibliothèques membres, notamment sur les relations internationales qui reprenaient. A partir de 1925 et jusqu’en 1928, l’organe d’information de l’association parut sous le nouveau titre Nouvelles et sous forme de feuilles polycopiées. L’AAS a publié de 1933 à 1972 des rapports sur ses assemblées annuelles et des sondages dans la Revue d’histoire suisse. Par la suite, les Communications de l’Association des Archivistes Suisses furent publiées de 1947 à 1985. En 1986, les Nouvelles, surtout à l’initiative de l’ASD, furent renommés arbido, qui sera l’organe commun de trois associations. La répartition des coûts sera définie en fonction du nombre de membres que comptaient les trois associations (BBS, ASD et AAS). L’année 2015 sera une année d’importants changements pour arbido. D’une part, après huit années à la tête de la rédaction, Stéphane Gillioz passe la main à Sara Marty. D’autre part, les deux associations ont décidé de sortir arbido sous forme numérique à partir de 2017.