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2011/4 Kommunizieren wir!

Nichts bleibt, wie es war, oder Kommunikation in Zeiten des Umbruchs

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Mit der Eröffnung des zweiten grossen Standorts hat die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern ihr dringliches Ziel der Standorterweiterung und -konzentration realisiert. Zum Ausruhen bleibt der sechzigjährigen Bibliothek allerdings keine Zeit. Während die Planung für den neuen Standort der universitären Teilbibliotheken die Endphase erreichte, wurde der im Jahr zuvor mit grosser parlamentarischer Mehrheit gutgeheissene Sanierungs- und Umbauprozess für das «Mutterhaus» per kantonsrätliches Spardekret abgebrochen. Am neuen wie am alten Standort herrschen nun also besondere Kommunikationsherausforderungen, denen die MitarbeiterInnen mit Gelassenheit begegnen.

ZHB Luzern – eine Bibliothek im Aufbruch! Ein Standort in der Krise? Richtige Antworten sind gefragt 

Im Fall der ZHB Luzern liegen Fortschritt und Rückschritt irritierend nah beieinander. Hier die Eröffnung eines neuen, komfortablen Standorts für die wissenschaftlichen Teilbibliotheken, dort der Abbruch der seit Jahrzehnten überfälligen Bibliothekssanierung. Statt der geplanten Freihandbibliothek mit ca. 100 000 Bänden sind im Mutterhaus eine Menge Probleme entstanden. Was aber strukturell nicht gelöst werden kann, müssen insbesondere MitarbeiterInnen der Benutzungsdienste im Dialog mit den BenutzerInnen kompensieren.

In Vorbereitung des Umbaus wurde zu Beginn des Jahres das dringend renovationsbedürftige Magazin geleert. Vor Ort kann die ZHB nur noch die aktuellste Literatur und damit einen minimalen Bestand anbieten. Alle übrigen Bücher werden auf Bestellung aus einem ca. 30 km entfernten Aussenlager geliefert. Die gewöhnungsbedürftige Veränderung kommentiert eine langjährige Benutzerin so: «Sicher, zwei Lieferungen pro Tag sind komfortabel. Mit den früheren Möglichkeiten, ein Buch aus dem Magazin vor Ort zu bestellen und maximal 15 Minuten später bereits mitnehmen zu können, ist das aber nicht zu vergleichen.»

Überwiegend extern recherchieren und bestellen – wo bleibt da die fachliche Beratung?

Da man auf die Lieferung der bestellten Bücher aber einige Stunden warten muss, wird zunehmend extern recherchiert und online bestellt. Das ist zwar für viele BenutzerInnen komfortabel, weil orts- und zeitungebunden, bedeutet andererseits aber den Verzicht auf kompetente Beratung im persönlichen Kontakt. Der bislang produktive Zusammenhang von Beraten, Recherchieren, Vermitteln, Bestellen und Mitnehmen reduziert sich mehrheitlich auf die Ausgabe bestellter Medien. So sind die MitarbeiterInnen der ZHB gegenwärtig vor allem mit «Beschwerdemanagement» beschäftigt. Abläufe sollten optimiert, vereinfacht und beschleunigt werden. Stattdessen sind MitarbeiterInnen und BenutzerInnen mit komplizierten, fehleranfälligen und langsameren Prozessen konfrontiert.

Auch ein unzureichender Standort bietet mehr als Defizite 

Im Vergleich mit dem neuen, komfortablen Standort im UNI/PHZ-Gebäude wird das Mutterhaus der ZHB gegenwärtig vor allem an Defiziten gemessen. Gewiss, nach der schockierenden Nachricht über den Abbruch des Umbauprojekts fehlen klare inhaltliche und zeitliche Perspektiven, und die Eröffnung des zweiten Standorts im UNI/PHZ-Gebäude hat die Verunsicherung zusätzlich potenziert. Trotz anhaltender Kommunikationsbemühungen seitens der ZHB, trotz der Vielfalt der eingesetzten Kommunikationsmedien – Tagespresse, Website, Newsletter, Infoscreen, Plakaten, persönlichen Gesprächen – befürchten viele, dass das sanierungsbedürftige Mutterhaus geschlossen wird. Im Hintergrund scheint die Annahme zu wirken, dass Altes grundsätzlich dem Neuen weichen müsse. So nehmen die MitarbeiterInnen wieder und wieder Beschwerden entgegen, zeigen Alternativen auf, erläutern geduldig die Vorzüge eines Standorts, dessen Auftrag, Profil und Leistungen sich vom anderen ZHB-Standort unterscheiden. Nichts muss bleiben, wie es war, und doch darf einiges bleiben, wie es ist. Die ZHB hat viele Vorzüge und einen reichen Schatz an Dingen, die es nur in ihrer Obhut gibt: eine Sondersammlung mit kostbaren Handschriften und historischen Buchbeständen, ein Bildarchiv mit mehr als 135 000 Dokumenten; einen reichen Bestand an Zeitungen aus Stadt und Kanton – digitalisiert, verfilmt oder in Printform –, eine an keinem andern Ort zu findende Sammlung Luzerner Publikationen, einen grossen, über lange Zeiträume differenziert ausgebauten Belletristikbestand, der weit über tagesaktuelle Literatur hinaus- und in die Tiefe der Literaturgeschichte hineinführt. Hinzu kommt das breite, stets aktualisierte Angebot für Schulen, Berufsschulen und für eine allgemeine interessierte Öffentlichkeit, die seit 60 Jahren auf die Selbstverständlichkeit einer grossen Bibliothek zählt. Die ZHB bleibt ein Work-in-Progress-Projekt, ein lebendiges Unternehmen mit interimistischen Plänen für den durch den abgebrochenen Umbauprozess entstandenen Notfall und langfristigen Konzepten für eine Bibliothek mit mehreren funktionstüchtigen Standorten. Und da wie dort ist das Engagement für eine kommunikationsfreundliche, benutzerorientierte Bibliothek das Credo der ZHB.

Die ZHB Luzern eröffnet ihren zweiten grossen Standort 

Als sich Luzern im Jahr 2000 mit grosser Mehrheit für eine Universität entschied, waren die bibliothekarischen Weichen für den unverzüglichen Ausbaubauprozess bereits gestellt. Räumliche Lösungen für die Zentral- und Hochschulbibliothek fehlten jedoch weiterhin. Dezentrale Teilbibliotheken – teils romantisch gelegene, den Bibliotheksbedürfnissen selten wirklich entsprechende Orte – waren die Folge. Seit Kurzem gehört diese betriebsorganisatorisch schwierige Phase der ZHB-Geschichte an. Im August 2011 bezogen die Rechtsbibliothek, die Bibliotheken der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, der Theologischen Fakultät, des Jüdisch-christlichen Instituts, des Religionspädagogischen Instituts und der Pädagogischen Hochschule Luzern den zweiten grossen ZHB-Standort im neuen UNI/ PHZ-Gebäude. Am ersten Septemberwochenende öffneten UNI, PHZ und ZHB Luzern beinahe alle Türen des neuen Gebäudes und hiessen eine überaus interessierte Öffentlichkeit willkommen. Etwa 29 000 BesucherInnen kamen, sahen und waren begeistert vom neuen Bildungsstandort – und verunsichert über die Zukunft der Bibliothek, die von vielen ab sofort ausschliesslich im UNI/PHZ-Gebäude vermutet wurde. Trotz umfangreichen Kommunikationsmassnahmen schien den meisten unklar, dass die neue grosse Fachbibliothek lediglich die bislang dezentralisierten Teilbibliotheken verband. Das anders profilierte Mutterhaus an der Sempacherstrasse bleibt mit einem breiten Angebot an Sachliteratur und Belletristik bestehen und erwartet nach wie vor den dringenden Umbau.

Die Bibliotheks-Standortkonzentration im neuen UNI/PHZ-Gebäude realisiert eine ideale Lösung 

Die unmittelbare Nachbarschaft der Bildungsinstitutionen UNI, PHZ und ZHB stellt eine schweizweit einmalige Situation dar. Kurze Wege, direkte Kontakte, schwellenarme Kommunikation, Übersichtlichkeit und Erreichbarkeit zählen zu den unmittelbaren, von allen sehr geschätzten Vorteilen. Hinzu kommt die Attraktivität des zwischen See und Bahnhof gelegenen Standorts, von dem auch weitere Benutzerkreise profitieren dürften: «Die Bibliothek ist öffentlich zugänglich und das erweiterte Angebot auch für ein fachlich interessiertes Publikum nutzbar. Die ZHB schlägt damit eine wichtige Brücke zwischen dem akademischen Betrieb und der Bevölkerung in Stadt und Kanton», sagt Wilfried Lochbühler, stv. Direktor der ZHB, der damit die langfristige Akzeptanz des Lehr-, Lern- und Forschungsplatzes im Blick hat und folglich die selbstverständliche Verankerung der grossen Bildungsvermittler in der Region.

Der neue Standort überzeugt durch Grösse, Vielfalt und ein ausgebautes Dienstleistungsangebot 

Die neue Freihandbibliothek präsentiert sich grosszügig: etwa mit komfortablen Öffnungszeiten – während der Woche 7.30 Uhr–21.30 Uhr, samstags 7.45–15.30 Uhr – und einem nahezu 5000 m2 umfassenden Raumangebot. Das Terrain ist gross – ein Fussballfeld liesse sich bequem unterbringen – und der aufgestellte Bestand umfangreich – nicht weniger als 10 km Buch oder 300 000 überwiegend entleihbare Bände werden im Endausbau am neuen Standort zu finden sein. Durch das abgestufte Orientierungs- und Leitsystem (im Raum und an den Gestellen) und dank dem Einsatz von v:scout, einem elektronischen Leitsystem, das den Standort des gesuchten Mediums bereits bei der Katalogrecherche im Grundriss anzeigt, finden BenutzerInnen in der Regel schnell das Gesuchte. Zudem vermitteln tägliche Einführungen das nötige Know-how. Beliebt und begehrt sind die 670 unterschiedlich gestalteten Arbeitsplätze. Neben eher traditionellen Tischarbeitsplätzen mit Stromanschluss und WLAN-Abdeckung stehen eine leger möblierte Lounge, ein allgemeiner Lesesaal, ein Doktorandenlesesaal und mehrere Gruppenarbeitsräume zur Verfügung. Vier unkompliziert zu handhabende Selbstverbuchungsstationen (für die Medienausleihe) reduzieren die Wartezeiten an der Theke, und wer lieber scannt als kopiert, kann die entsprechenden Hightechgeräte im Publikumsbereich benützen.

Selfservice-Bibliothek mit zielgerichteten Dienstleistungen 

Selbstständige Benutzung wird in dieser Umgebung grossgeschrieben und sowohl durch den freien Zugang zu den Medien als auch durch Selbstverbuchungsstationen unterstützt. Das bedeutet andersherum nicht, auf fachlich fundierte Beratung verzichten zu müssen. Im Gegenteil – die Entlastung von Routinearbeiten erlaubt den MitarbeiterInnen der Benutzungsdienste, mehr Zeit für fachliche Beratungen und individuelle Hilfestellungen einzusetzen. Unmittelbare Kurzinstruktionen werden ergänzt durch wöchentlich stattfindende Sprechstunden der FachreferentenInnen, die bei fachspezifisch komplexeren Fragen vor Ort ansprechbar sind. Für MitarbeiterInnen und BenutzerInnen ist der neue Bibliotheksstandort schon nach kurzer Zeit ein eingespieltes Unternehmen, dessen Angebote, nicht zuletzt auch die Kommunikationsangebote, die Wünsche an eine moderne Bibliothek befriedigen.

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Ina Brueckel

Beauftragte für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit, Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

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L’ouverture du deuxième grand site de la Zentral- und Hochschulbibliothek de Lucerne place les collaborateurs de l’établissement devant des défis particuliers en matière de communication, défis qu’ils relèvent avec flegme. Le nouveau site convainc de par sa taille et la diversité de son offre de prestations (grandes surfaces disponibles, horaires confortables, système d’orientation v:scout qui permet aux utilisateurs de trouver rapidement les documents souhaités, places de travail avec prise électrique et connexion WLAN, etc.).

Mais face à des clients qui effectuent leurs recherches et qui passent leur commande de l’extérieur, y a-t-il encore de la place pour le conseil professionnel? Une bibliothèque orientée vers le self-service ne doit en effet pas y renoncer pour autant. Bien au contraire, libérés des travaux de routine, les collaborateurs disposent de plus de temps pour conseiller les clients et leur apporter une aide personnalisée. Les instructions brèves destinées à ces derniers sont complétées par des heures d’entretien hebdomadaires accordées par des intervenants professionnels qui traitent sur place des questions techniques plus complexes. Le nouveau site de Lucerne est ainsi devenu en peu de temps une entreprise bien rôdée, dont les offres, en particulier en matière de communication avec la clientèle, répondent aux impératifs d’une bibliothèque moderne.