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2016/2 Ausgelagert, eingekauft, fremdbeschafft

Selber reparieren oder eine Buchbinderei beauftragen?

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Buchbinderarbeiten selber machen oder auslagern? So unterschiedlich die Bibliotheken sind, so unterschiedlich ist auch die Handhabung im Entscheid, ob Buchbinderarbeiten, Reparaturen oder Zeitschriftenbinden, inhouse gemacht oder ausgelagert werden. Was zahlt sich im Endeffekt aus?

Jeder kennt es, einige neue Bücher sind für den Gebrauch, nicht für die Ewigkeit geschaffen. Je nach Verarbeitung fallen bald einmal Seiten heraus, im Papier entstehen Risse durch übereifrige Leser, Buchdecken reissen im Scharnier, oder der Umschlag knickt ab.

Da stellt sich die Frage, ob das Buch in der Bibliothek selber repariert oder an eine externe Buchbinderei weitergegeben werden soll. Oder kauft man ein neues Exemplar?

Einige grössere Bibliotheken sind in der komfortablen Lage, dass sie eine gut eingerichtete Buchbinderei inhouse haben. Diese ist fähig, die anfallenden buchbinderischen Arbeiten auszuführen. Maschinen, Materialien und das Fachpersonal sind vorhanden.

Doch eher trifft man in Bibliotheken auf einen Raum, oder auch nur einen Tisch, mit einigen Buchbinderwerkzeugen. Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Bibliothekspersonals hat sich die Fertigkeit angeeignet, defekte Bücher zu reparieren und betreut diesen Bereich. Doch schnell stösst man an Grenzen: Das Material, die Geräte und oft auch die Zeit fehlen, um speditiv und qualitativ gute Reparaturen zu machen. 

Die Vorteile der Auslagerung

Handbuchbindereien befassen sich täglich mit defekten Büchern, binden Zeitschriften, Diplomarbeiten und tätigen auch kleinere Restaurationen. Sie sind für alle Nöte der Bücher eingerichtet.

Das Gute an einer fachmännischen Reparatur ist, dass die Bücher für alle Zeiten halten. Wenn bei neuen, industriell gefertigten Büchern Seiten herausfallen, geschieht das nach einer handwerklichen Klebebindung nicht mehr. Reisst ein Deckelscharnier, weil der Deckel nur aus bedrucktem Papier besteht, kann der Handbuchbinder ein reissfestes Material verwenden. Anhand dieser Beispiele erübrigt sich auch die Frage, ob ein defektes Buch neu gekauft werden soll. Das neu gekaufte Exemplar wird an der gleichen Schwachstelle wieder zum Patienten werden.

Arbeitsaufteilung Bibliothek und Buchbinderei 

Bei einigen Bibliotheken verschieben sich die Aufgaben zwischen Bibliothek und Buchbinderei meist aufgrund des allbekannten Spardrucks. Die Frage stellt sich, welche Arbeiten inhouse getätigt werden können, um Kosten zu sparen.

Das grösste Arbeitsvolumen, das Buchbindereien von Bibliotheken zur Verarbeitung erhalten, ist nach wie vor das Einbinden von Zeitschriften. Es gibt verschiedene Arbeitsschritte, die inhouse gemacht werden können, um Kosten zu sparen.

Eine Option ist, dass die Zeitschriften bereits in der Bibliothek vorgerichtet werden. Das heisst, dass nicht benötigte Umschläge und Reklamen bereits in der Bibliothek entfernt werden. Dies ist überall dort sinnvoll, wo ausgebildete Buchbinder/innen in den Bibliotheken arbeiten. In der Buchbinderei werden dann nur noch einige dicke Umschläge an einen Scharnierfalz gehängt, und es kann direkt mit dem Binden begonnen werden. Andernorts, ohne ausgebildetes Personal, können von den Umschlägen zurückbleibende Leimrückstände auf dem Papier nicht schön weggeschnitten werden, oder das Papier reisst am Rand aus. Somit müssen die Buchbinder/innen trotzdem jedes Heft nochmals in die Hand nehmen und einen Teil des Vorrichtens erledigen.

Ein anderes traditionelles Beispiel ist das Beschriften der Buchrücken mit Papierschildern. In einigen Bibliotheken wird dieser Arbeitsschritt immer noch selbst gemacht. Wahrscheinlich geht diese Praxis auf die Zeit vor 1990 zurück, als Papierschilder noch sehr teuer waren. Heute werden die Bücher mit computergesteuerten Prägemaschinen zu einem günstigen Preis direkt auf den Buchrücken beschriftet. Ebenso können die Signaturen im gleichen Arbeitsschritt direkt auf den Rücken geprägt werden. Das bekannte Abwetzen oder Schmutzigwerden der Papierschilder fällt weg.

Die Frage, ob inhouse oder extern ausgeführte Arbeiten im Endeffekt kostengünstiger sind, bleibt meist offen. Die Personal- und Platzkosten für Buchbinderarbeiten in der Bibliothek sind schwierig zu beziffern. Da externe Buchbinderkosten oft im gleichen Kredit liegen wie die Beschaffung von neuen Büchern, belastet intern geleistete Arbeit diesen Posten nicht.

Buchbinder in Bibliotheken

Wenn es die personellen Möglichkeiten erlauben, ist eine Anstellung eines Buchbinders eine gute Ergänzung im Bibliotheksteam. Auch für den Berufsstand des Buchbinders ermöglichen die Stellen in Bibliotheken eine interessante und grössere Auswahl an Arbeitsstellen.

Durch den Miteinbezug in Bibliotheksarbeiten eröffnet es für Buchbinder/innen einen weiteren Horizont. Dadurch gab es schon Buchbinder/innen, die eine Zweitausbildung als I+D Fachmann oder -frau absolvierten. 

Entwicklung in das Onlinezeitalter

Durch die Verlagerung von Zeitschriften und Büchern auf das Internet sind die Aufträge für Buchbindereien in den letzten Jahren merklich zurückgegangen. Trotz der positiven Punkte der Onlineangebote ist die Frage nach der jederzeitigen Verfügbarkeit nicht restlos geklärt. Durch Hackerangriffe, Stromausfälle oder mögliche Konkurse von Verlagen können Daten ganz plötzlich für ein gewisse Zeit, oder sogar für immer, nicht mehr verfügbar sein.

Viele Bibliotheken sind sich dessen bewusst und haben von wichtigen Schriften ein gedrucktes Exemplar im Gestell. Zudem bevorzugen nach wie vor viele Bibliotheksbenutzende ein richtiges Buch in den Händen. Durch diese Punkte wird das Einbinden und Reparieren nie ganz verschwinden.

Zusammen zum Ziel

Welche Arbeiten ausgelagert werden, muss letztendlich jede Bibliothek selber entscheiden. Es ist sicher von Vorteil, wenn sich gut ausgebildete Personen um den Zustand eines Bibliotheksbestandes kümmern und durch ihre fachmännische Arbeit den Wert von Büchern, Zeitschriften etc. erhalten. Für viele Bibliotheken heisst das, buchbinderische Arbeiten auszulagern oder Fachpersonen im Mitarbeiterteam zu haben.

Die Grundlage für einen schadenfreien Buchbestand bleibt die Zusammenarbeit der Buchbindereien und Bibliotheken. Die Buchbinder/innen schätzen die angenehme Zusammenarbeit, und man freut sich über die vielen freundlichen und aufgestellten Begegnungen rund ums Buch.

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Jonas Hollenstein

Jonas Hollenstein ist ausgebildeter eidg. dipl. Buchbindermeister. Er hat mehrere Jahre in der Juristischen Bibliothek Bern Teilzeit als Buchbinder und Bibliotheksmitarbeiter gearbeitet. Nach langjähriger Mitarbeit in der Buchbinderei Hollenstein AG (www.bu-bi.ch), führt er seit August 2015 das Geschäft in zweiter Generation weiter. Im Kurs «1 Buch in 1 Tag» für Bibliotheksmitarbeiter/innen gibt er Einblick in das Handwerk des Buchbindens in den Räumlichkeiten des Betriebs. An der Lehrabschlussprüfung der Printmedienverarbeiter ist er verantwortlich für die Prüfungen der Richtung Buchbinderei. 

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Effectuer soi-même les travaux de reliure ou les externaliser ? La pression exercée par l’exigence de faire des économies, le fait de disposer dans l’équipe du personnel compétent influencent, parmi d’autres facteurs, la prise de décision. Différents espaces de travail existent, lesquels peuvent varier entre la bibliothèque et la reliure. Le but devrait être que chaque travail permette de créer de la qualité et une valeur durable.