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2016/2 Ausgelagert, eingekauft, fremdbeschafft

Von der Störbibliothekarin zum Outsourcing - Ein Erfahrungsbericht

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Was vor 35 Jahren zufällig begann, funktioniert noch heute: das Auslagern von bibliothekarischen Arbeiten wie Erwerbung, Katalogisieren, Folieren, Ausrüsten.

Im Mittelpunkt meines Angebots «BiblioService» steht meist die Hilfe bei Engpässen durch krankheitsbedingte Abwesenheiten, fehlende Nachfolge, Nachfolge mit ungenügender Fachkompetenz. Auch grosse Altbestände, Schenkungen etc. können meist nicht mit bestehenden Teams bewältigt werden. Das Outsourcing wie ich es anbiete, hat zwei grosse Vorteile: Es wird kein zusätzlicher Arbeitsplatz vor Ort benötigt, und die Kosten waren bisher von Anfang an klar (im Werkvertrag, keine Personalkosten); auch befristete Anstellungen waren möglich. 

In den Anfangszeiten hatte ich Kunden von Basel bis Vaduz, Kantonsschulbibliotheken, private Sammlungen wie Joyce-Foundation etc. In den letzten Jahren war die Nachfrage aus Institutsbibliotheken der Universität Zürich und Fachhochschulbibliotheken so gross, dass ich mich nur darauf konzentriert habe. Aber auch die Zentralbibliothek und die ETH-Bibliothek waren vor Jahren meine Kunden. Bei vielen Bibliotheken leistete ich quasi «Geburtshilfe»: Aufbau einer neuen Bibliothek mit Rundumversorgung wie Einrichtung, Buchbearbeitung, Beratung, Einarbeitung – bis eine Grösse erreicht war, bei der sich die Anstellung von Bibliothekspersonal lohnte (ZHAW Winterthur, Sprachenzentrum u.a.). 

Vorteile und Nachteile

Voraussetzung für diese Art von Bibliotheksfacharbeit ist eine solide Ausbildung in allen Bereichen, dazu grosse Flexibilität und kundenorientiertes Denken. Kosten darf nur die effektive Produktionsmenge, mein Einsatz sollte günstiger sein als die Personalkosten. Und es braucht vorallem viel Selbstdisziplin und Eigenverantwortlichkeit. Das Ausrüsten (Folieren, Signaturetiketten etc.) von Büchern muss ebenso beherrscht werden wie Systeme wie Aleph, Biblio2000, Excel oder Ähnliches.

Nachteil dieser Outsourcingidee: Es gibt vermutlich nur sehr wenige Bibliothekarinnen mit diesem Strickmuster, denn der Verdienst ist kleiner als bei einer Anstellung, der Einsatz umso grösser und dazu kommt das Risiko, das jeder eigenständige Unternehmer hat: Investitionen in Geräte (PC, Drucker, Kopierer etc.), administrative Aufwände (AHV, evtl. MwSt, Versicherungen etc.). 

Ein eigenes Arbeitsmodell

Mein Konzept: Ich arbeite wenn möglich zu Hause in meinem eigenen voll ausgerüsteten Büro. Die Bücher werden kostenlos geholt und gebracht, ebenso wenig wird die Zeit, die für allfällige Einarbeitung benötigt wird, verrechnet. Die Workflows pro Auftrag werden akribisch dokumentiert. Ständige Weiterbildung und Qualitätskontrolle sind wichtig. Dafür ist die Freude gross, wenn ein Projekt erfolgreich abschliesst – es ist trotz manchmal eintöniger Arbeit nie langweilig. Und man kann sich die Kunden aussuchen. Die kürzesten Einsätze dauerten einzelne Wochen, die längsten über 15 Jahre. 

Mehr als zehn Jahre arbeitete eine sehr kompetente Mitarbeiterin bei mir, zwischendurch auch Bibliothekarinnen, die gut ausgebildet waren, aber momentan keine Anstellung fanden. So konnten sie Erfahrungen sammeln, zum Beispiel beim Katalogisieren mit KIDS; innert weniger Monate fanden sich Stellen für diese Leute. Heute sind die administrativen Arbeiten für das Personal so aufwendig, dass es leider ohne Sekretariat für mich nicht mehr möglich ist, Mitarbeitende anzustellen. Mein Mann hat neben günstigen Buchreparaturen viel mitgeholfen bei den Transporten, bei Ausrüstarbeiten und Buchreparaturen. 

Ausblick und Fazit

Heute? Ich bin gerade pensioniert (ich hatte immer Teilanstellungen zwischen 20% bis zuletzt 90% neben der Freelance-Arbeit) und betreue noch weiter meine kleinsten Kunden: Bibliotheken mit Beständen von 1000 bis 2000 Büchern. Wie dies allerdings ab 2016 mit RDA/GND noch möglich sein wird, weiss ich ehrlich gesagt noch nicht. Ich habe die Schulung gemacht, doch der Aufwand ist nicht mehr berechenbar, was aber für die Offertstellung und die Antragsteller an ihre Finanzverantwortlichen nötig wäre. Zudem ist es seit ein paar Jahren auch nicht mehr möglich, einfach Selbstständigerwerbende zu werden ohne die Bildung einer GmbH oder AG.

Für Störbibliothekarinnen in Festanstellung sehe ich dagegen Probleme, weil dann einerseits keine Flexibilität mehr möglich ist, z.B. für unkonventionelle Lösungen, rasche Einsätze auch an Wochenenden oder über Feiertage, andererseits müssen fest angestellte Personen konstant beschäftigt sein. Vielleicht bleibt der BiblioService ein Exot in der schweizerischen Bibliothekslandschaft. 

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Monique Furegati-Rohner

Monique Furegati-Rohner ist Bibliothekarin BBS und bietet seit über 35 Jahren mit Biblio-Service ihre Dienstleistungen als «Störbibliothekarin» an. Zuletzt arbeitete sie zudem in der Bibliothek des Romanischen Seminars der Universität Zürich. 

Abstract

Monique Furegati décrit ses expériences comme bibliothécaire indépendante et à domicile. Elle présente son offre de prestations, sa méthode de travail, les avantages et désavantages, et jette un regard critique sur l’avenir.