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2017/4 Zusammenarbeit

Das Ziel ist die Fusion – um es zu erreichen, muss der Weg dahin gemeinsam beschritten werden

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Bibliosuisse nimmt Form an. Die von den beiden Verbänden BIS und SAB eingesetzte Arbeitsgruppe hat konkrete Vorschläge erarbeitet, wie der neue Verband organisiert sein und die Mitgliedschaft aussehen könnte. Am 3. November trafen sich interessierten Mitglieder beider Verbände in Biel, um diese Vorschläge zu diskutieren.

In der Bankenwelt sind «Basel II» und «Basel III» ein Begriff, in Bibliothekswelt sind «Biel I» und «Biel II» richtungsweisend – und «Biel III» wird entscheidend sein. Dazu später mehr, zuerst ein Rückblick: Im Dezember 2015 trafen sich die Vorstände von Bibliothek Information Schweiz (BIS) und der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der allgemeinöffentlichen Bibliotheken (SAB) zu einer strategischen Retraite, in deren Folge sie eine gemeinsame Arbeitsgruppe besetzten, um Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. Zwei Varianten wurden ins Auge gefasst: engere Zusammenarbeit oder Zusammenschluss. Im November 2016 dann fanden sich circa 100 Mitglieder beider Verbände ein erstes Mal in Biel ein, um die ersten Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu den Themen Aus-und Weitbildung, Finanzen sowie Sektionen, Regional- und Interessengruppen zu beraten.

Die damaligen, teils hitzigen Diskussionen zeigten, dass es gerade bei den Letzteren einiges zu beraten gab. Wie viel Autonomie die Sektionen haben sollten, auch und gerade in finanzielle Fragen, sorgte für Gesprächsstoff. Dabei kam zutage, dass der Westschweizer Verband der SAB in der Weiterbildung eine stattliche Summe zur Seite gelegt hatt, die bis dahin in keiner Bilanz auftauchte, was eine pikante Fussnote lieferte.

Zusammenarbeit oder Zusammenschluss?

Die Diskussionen oszillierten zwischen Intensivierung der Zusammenarbeit und kompletten Zusammenschluss, wobei nicht nur ökonomisch Argumente ins Feld geführt wurden. Angesichts der identitären Unterschiede zwischen kleinen Gemeinde- und Schulbibliotheken in der einen Ecke, grossen wissenschaftlichen Bibliotheken in einer anderen und Kantonsbibliotheken in einer dritten, stand die Frage im Raum, ob ein solcher Verband überhaupt allen Bedürfnissen gerecht werden könne. Andererseits herrschte Quasikonsens darüber, dass es eine geeinte, starke Stimme braucht, um sich besser Gehör auf politischer Ebene zu verschaffen, zum Beispiel in Urheberrechtsfragen. In allen Bibliotheken spürbar ist die Notwendigkeit, auf den Technologiewandel zu reagieren. Ebenso sind sich alle Verbandsmitglieder den thematischen Überlappungen sowie dem Rationalisierungsdruck bewusst. Doch weniger einheitlich fällt die Antwort auf die Frage aus, ob eine «Heirat» der Verbände wirklich die einzige richtige Reaktion darauf sei.

Nach den offenen Diskussionen in Biel lag der Ball wieder bei den Vorständen der Verbände. Diese verwarfen das Modell der engeren Kooperation und votierten für einen Zusammenschluss mit Neugründung eines gemeinsamen Verbands unter Auflösung der beiden bisherigen Verbände.

Ein solcher Zusammenschluss kann nicht einfach nach Gutdünken erfolgen, sondern muss gemäss Schweizer Fusionsgesetz vorgenommen werden. Dieses schreibt vor, dass bei beiden Verbänden eine Dreiviertel-Stimmenmehrheit zum Zusammenschluss vorliegen muss, damit er zustande kommt. Damit liegt die Latte für einen Abstimmungserfolg in der Sache hoch und verlangt eine grosse Disziplin bei der Abstimmung.

Biel II

Um einen solchen Erfolg zu erzielen, und um den Mitgliedern Klarheit über die inhaltliche Ausgestaltung des neuen Verbandes zu verschaffen, luden die beiden Verbände für den 3. November 2017 zu einer weiteren Diskussionstagung ein; eben «Biel II». Diskussionsgegenstand waren konkret die Statuten des neuen Verbandes und das Reglement für künftige Sektionen, das Beitragsmodell sowie der eigentliche Fusionsvertrag. Die Vorstände von BIS und SAB hatten sich bereits am Vortag getroffen, um ebendiese Papiere im Entwurf vorzubereiten, so dass eine konkrete Grundlage für sachliche Diskussionen bestand.
Die neuen Statuten sehen einen Vorstand, einen Bibliotheksrat sowie eine Delegiertenversammlung wie auch eine Mitgliederversammlung vor. Das Bemühen der Arbeitsgruppe, alles unter einem Statutendach zusammenzufassen war deutlich aus den Entwürfen zu lesen. Als Beispiel sei der Vorschlag herausgegriffen, zwei Arten von Sektionen zuzulassen, solche mit Rechtspersönlichkeit und eigener Verwaltung der Finanzen und des Vermögens für ständige regionale oder fachthemenspezifische Gruppierungen und solche ohne eigene Rechtspersönlichkeit mit Finanzverwaltung durch das Zentralsekretariat für Arbeitsgruppen. Viel zu reden gab auch der Satz in den Stuten, das jedes Mitglied einer Sektion auch zwingend Mitglied des Nationalverbands zu sein hat.

20171103 Tagung Bibliosuisse2

Das Beitragsmodell, oder: so viel kostet’s

Das Beitragsmodell sieht nach wie vor zwei Arten von Mitgliedern vor: das institutionelle Mitglied (heute Kollektivmitglied genannt) und das persönliche Mitglied.
Institutionelle Mitglieder bezahlen einen Mitgliederbeitrag in Relation zum Personalaufwand – und nicht zum Medienkredit, wie bislang bei der SAB. Auch der Mitgliederbeitrag der Einzelmitglieder ist abgestuft von 95 bis 155 Franken, und zwar nach Monatslohn gemäss Selbstdeklaration. Für Studierende und AHV-Bezüger sind 65 Franken vorgesehen. Im Fazit kann gesagt werden, dass die Tagungsteilnehmenden die Abstufung gutheissen. Die Höhe aber gab zu reden, bedeuten die neuen Beiträge doch für die meisten Verbandsmitglieder eine Erhöhung. Um Kritik vorzugreifen, enthielten die verteilten Unterlagen Vergleiche mit anderen Berufsverbänden. Diese waren offensichtlich geschickt gewählt. So wird zum Beispiel kein Vergleich mit dem Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare VSA-AAS gemacht: Dessen Einzelmitglieder bezahlen 80 Franken pro Jahr.

Es ist nur konsequent, dass die Mitglieder nach Transparenz verlangen: Warum wird die Mitgliedschaft teurer? Würde die BIS- resp. die SAB-Mitgliedschaft auch teurer, falls es nicht zur Fusion käme? Diesbezüglich herrschte Einigkeit: Die Leistungen des Verbandes Bibliosuisse müssen klar formuliert und der Wert einer Mitgliedschaft muss herausgestrichen werden – ein klarer Auftrag an die Vorstände.

Bei der Beratung in den Gruppen hat zudem der im Detail steckende Teufel sein Gesicht gezeigt. Wie werden die komplizierten Fälle berechnet, z. B. für Lehrer die mit Lektionenentschädigung Schulbibliotheken und Mittelschulmediotheken betreiben? Und sind Weiterbildungskurse persönlichen Mitgliedern vorbehalten? Tatsächlich wollten die Vorstände die Bibliosuisse-Angebote nur für persönliche Mitglieder zugänglich machen. In der Diskussion aber stellt sich rasch heraus, dass das nicht funktioniert. Denkbar sind Modelle mit Weiterbildungsgutscheinen, welche die institutionellen Betriebe für ihre Angestellten erhalten. Die Konditionen für die Weiterbildungen müssen noch genau ausgearbeitet werden, denn insbesondere die institutionellen Mitglieder werden sich ganz genau fragen, welchen Gegenwert sie für ihre Mitgliedschaft erhalten.
Generell zeigte auch Biel II wieder, dass die Mitglieder wünschen, dass der Verband zusätzlich gewerkschaftliche Aufgaben wahrnimmt. Ob und wie die Vorstände diesem Anliegen gerecht werden können?

Ohne geht’s nicht: der Fusionsvertrag

Bereits weit entwickelt ist der Fusionsvertrag. Da kann man noch von Erfahrungen profitieren, denn vor 10 Jahren wurde ein Fusionsvertrag zwischen dem Verband der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen/Bibliothekare der Schweiz BBS und der Schweizerische Vereinigung für Dokumentation SVD geschlossen (nachzulesen hier).

Heute aber stehen wir insofern einem Spezialfall gegenüber, als die Struktur der SAB aus einem Zentralvorstand und zwei Regionalgruppen besteht, weshalb von einer Kombinationsfusion gesprochen wird. Anders als vorgesehen hat bei der SAB nicht nur der Zentralvorstand Verbandsvermögen, sondern in der Realität haben auch die Regionalgruppen Vermögen. Was mit diesen geschehen soll, ist noch offen.

Gewiss ist: Ein Fusionsvertrag ist verbindlich. Damit die Fusion zustande kommt und der Vertrag gültig wird, müssen wie bereits erwähnt bei beiden Verbänden zwei Drittel der Mitglieder der Fusion zustimmen. Um die Abstimmung durchführen zu können, werden beide Verbände gleichzeitig und im selben Raum ausserordentliche Generalversammlungen abhalten. Diese sind festgesetzt auf Montag, 12. März 2018, wiederum in Biel. Die Abstimmungen werden getrennt erfolgen, damit jene Mitglieder, die in beiden Verbänden sind, in beiden abstimmen können. Und sie wird schriftlich durchgeführt, damit keine Beeinflussung stattfindet.

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Eine Übergangsfrist ist vorgesehen

Wenn eine Generalversammlung einen Fusionsvertrag annimmt, wird der neue Verein in der Regel ab sofort aktiv. BIS und SAB aber werden im Vertrag festhalten, dass die Fusion erst ab 1. Januar 2019 aktiv würde, um beiden Verbänden eine «Auslaufzeit» zu gewähren. Dabei wurde im Besonderen auf die heutigen Interessengruppen Rücksicht genommen, denen so genügend Zeit für den Transformationsprozess bleibt. Für die Mitglieder gibt es eigentlich nicht viel zu tun: Wer BIS-Mitglied ist, wird automatisch Mitglied von Bibliosuisse, dasselbe gilt für jedes SAB-Mitglied. Nur wer nicht Bibliosuisse-Mitglied sein will, muss aktiv werden: Zwei Monate haben die Leute Zeit, um ohne Folgekosten auszutreten, das ist per Gesetz geregelt. Die Vorstände von BIS und SAB hoffen natürlich, dass die Fusion zustande kommt und es danach keine Austritte gibt; im Gegenteil. Sie setzen nun nochmals Energien ein, um die zahlreichen Details zu klären und die Gründung bestmöglich vorzubereiten, bevor am 12. März 2018 die Beschlussfassung ansteht. Man darf auf den Ausgang der Abstimmungen in beiden Verbänden gespannt sein.

Wie geht es nach Biel II konkret weiter?

  • Am 17. November trafen sich die Vorstände der SAB/CLP zur Jahrestagung. Dort ging es u. a. darum, den Fusionsvertrag zu diskutieren, insbesondere den Vermögensübertrag, sowie die künftigen Aufgaben der Regionalgruppen in Form von Sektionen.
  • Am 13. Dezember findet eine gemeinsame Vorstandssitzung des BIS und des Zentralvorstrandes der SAB/CLP statt. Dort geht darum, die Rückmeldungen von Biel II auszuwerten, zu diskutieren und die Dokumente zu finalisieren. Zudem werden die Vorstände eine Arbeitsgruppe einsetzen, welche die Verbandsgründung vorbereitet.
  • Am 12. März 2018 steht Biel III an: An den gleichzeitig abgehaltenen ausserordentlichen Generalversammlungen wird über die Fusion und die Gründung des neuen Verbandes Bibliosuisses abgestimmt.
  • Falls der Entscheid zugunsten der Fusion ausfällt, wird diese erst Ende Jahr wirksam. Das heisst, die jeweiligen Vorstände wären bis Ende 2018 weiterhin aktiv. Bei einem Ja würde zudem zu einem späteren Zeitpunkt eine Gründungsversammlung stattfinden.
  • Am 29. August 2018 beginnt in Montreux der zweijährlich stattfindende Bibliothekskongress. Falls die Fusion zustande kommt, würde der Kongress bereits unter der Flagge Bibliosuisse geführt.

Bibliothekskongress 2018: Bibliotheken verbinden / Bibliothèques – trait d’union

Vom 29. bis 31. August findet in Montreux der nächste Schweizer Bibliothekskongress statt. Das Motto: Bibliotheken verbinden.
BIS sucht Referentinnen und Themen aus allen Bibliothekstypen zu den Themenkreisen Kundschaft, Bibliothek und Gesellschaft.
Mehr Informationen gibt es hier.

Du 29 au 31 août 2018 aura lieu le prochain congrès des bibliothèques suisses à Montreux. La devise: Bibliothèques – trait d’union!
BIS est à la recherche de conférencières et de conférenciers venant de tous les types de bibliothèques. Les domaines thématiques possibles sont: les clients, la bibliothèque et la société.
Plus d’informations ici.

Hollaender Stephan 2016

Stephan Holländer

Stephan Holländer unterrichtet als Lehrbeauftragter an der HTW Chur und an der HEG Genève. Als Beauftragter für Weiterbildung BIS ist er für das Weiterbildungsprogramm des Bibliotheksverbandes BIS verantwortlich. Daneben bietet er mit seiner eigenen Firma umfassende Beratung für die Bereiche Archiv, Bibliothek, Dokumentation und Wissensorganisation an. Stephan Holländer war viele Jahre Mitglied der Redaktion von arbido. Heute publiziert er noch gelegentlich für arbido, wie auch für den deutschen Online-Nachrichtendienst Password Online sowie die deutsche Zeitschrift Bit Online

Marty Sara 2014

Sara Marty

Sara Marty ist wissenschaftliche Archivarin und Projektleiterin bei archivsuisse in Kehrsatz/Bern. Von 2011 bis Ende 2020 arbeitete sie im Dokumentationszentrum doku-zug.ch, das sie ab 2017 als Geschäftsführerin leitete und 2020 in die Stadt- und Kantonsbibliothek Zug überführte. Von 2015 bis 2022 war sie Chefredaktorin von arbido.

Elle a étudie à Lausanne et obtenu sa Licence ès Lettres en 2004. Quoi qu'elle soit rentrée en Suisse alémanique peu après, elle profite toujours de chaque occasion qui se présente pour aller en Romandie. Après avoir travaillé quelques années en marketing et puis comme journaliste, elle a trouvé sa vocation dans le champ professionnel de l'information documentaire. Von 2012 bis 2014 hat sie das Weiterbildungsprogramm in Archiv-, Bibliotheks- und Informationswissenschaften der Universitäten Bern und Lausanne absolviert und den Titel Master of Advanced Studies in Archival, Library and Information Science (MAS ALIS) erhalten. Ihre MAS-Masterarbeit trägt den Titel «Schweizer Dokumentationslandschaft im Wandel: die Suche nach einem Berufsverständnis».