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2014/1 L’espace alpin – un espace culturel

Mehr Bewegung. Eine erste Bilanz nach dem Neustart des Alpinen Museums

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Das Alpine Museum der Schweiz räumte vor zwei Jahren seine Dauerausstellung ab, um auf drei Stockwerken Platz für ein neues Themenhaus der Gegenwart zu schaffen.

Die Fernsehbilder der Sendung «Schweiz aktuell» im Spätherbst 2011 machten schlagartig bewusst, worum es im Alpinen Museum ging. Ein Mann im weissen Kittel hantierte mit einer grossen Gipssäge und zerteilte das Gebirgsrelief der Windgälle in zwei Teile. Er zersägte vor laufender Kamera ein Exponat. Selbstverständlich wurde das kostbare Exponat nicht zerstört, sondern bloss entlang der Bauteile, aus welchen das Modell ursprünglich gefertigt war, fachgerecht zerlegt. Aber für den flüchtigen Betrachter konnte der Eindruck entstehen, dass hier Tabula rasa gemacht werde. Bildersturm im Museum.

Das Alpine Museum nannte seine erste Ausstellung nach abgeschlossenem Umbau mehrdeutig «Berge versetzen». Wir mussten, um für das Neue Platz zu schaffen, tatsächlich (Gips-) Berge versetzen und sie ins Depot schaffen. Wir mussten aber vor allem die Bilder in den Köpfen bewegen, wonach ein Alpines Museum der Schweiz im Jahre 2012 auch noch etwas anderes sein kann als eine statische Sammlungspräsentation.

Bewegung als Konzept

Vereinzelt gibt es die Besucherinnen und Besucher, die das alte Museum vermissen, heute noch. Sie suchen im Museum den Speicher für das Vergangene. Sie suchen das Kostbare, das Ausserordentliche, und sie erwarten entsprechend zeitlose Präsentationen von Schätzen, weniger von Themen und schon gar nicht von Gegenwartszusammenhängen. Sie verstehen das Museum als Schauraum, in dem Objekte und objektbezogenes Wissen ausgestellt werden. Diese Objekte finden gewissermassen von der Gegenwart abgekapselt im Museum ihren ewigen Ort. Je schneller die Welt sich dreht und die Gegenwarten sich jagen, desto grösser wird das Bedürfnis dieser Menschen an das Beharrungsvermögen und die Nichtbewegung des Museums. Das ist als Bedürfnis nachvollziehbar und irgendwie sogar verständlich. Dennoch hat sich das Alpine Museum der Schweiz 2011 sehr bewusst für einen radikal andern Weg entschieden. Das Alpine Museum der Schweiz, so lautete die Vision, wendet sich der Gegenwart zu. Es ist kein Schauhaus der Objekte, sondern eine Plattform der Themen. Ein Themenhaus der Gegenwart.

Es bleibt in dieser Aufgabe selbstverständlich mit der Vergangenheit verknüpft, die sich ja auch in der reichhaltigen Sammlung materialisiert, aber die Fragen, das Erkenntnisinteresse, die Legitimation, warum es dieses Museum überhaupt braucht, kommen aus der Zeit, in der wir leben. Das Museum nimmt den Platz in der Gesellschaft ein, zu der es spricht und die es finanziert. Das bedeutete in der Umsetzung, ein Programm zu schaffen, das aktuelle Themen aufgreift, das Beteiligung ermöglicht, das unterschiedliche Positionen sichtbar macht und nicht so tut, als ob es über die Deutungshoheit verfügt. Zum andern musste für dieses Plattformkonzept eine neue Raumordnung gefunden werden. Wir nennen es intern das Konzept der Bühnen, vergleichbar mit der Entwicklung, wie sie in Theatern stattgefunden hat. Anstelle der grossen «Guckkastenbühne» der früher dominanten Dauerausstellung entstanden im neuen Museum verschiedene Bühnen, die nebeneinander existieren und unterschiedlich bespielt, kuratiert und finanziert werden können. Im Erdgeschoss, wo früher die Bergreliefs präsentiert wurden, entstand das Museumsrestaurant «las alps», das sich kulinarisch um das Alpenthema kümmert und allein damit pro Jahr 20 000 bis 30 000 Menschen ins Haus bringt. Das Restaurant ist ein Pachtbetrieb und muss aus eigener Kraft rentieren. Ebenfalls im Erdgeschoss entstand das «Biwak». Eine Ausstellungsbox von knapp 100 m2, die für vier bis fünf Kleinausstellungen Raum schafft und in der Regel Delikatessen präsentiert. Projekte, die ein besonderes Thema, einen besonderen Sammlungsbestand, eine überraschende Inszenierungsidee in den Raum bringen. In der Regel entstehen die Biwak-Produktionen aus konkreten Partnerschaften. Es muss jemanden geben, der mit uns ein Biwak machen möchte, damit ein Projekt entsteht. Das bedingt auch finanzielle Beteiligung. Die erste und zweite Etage, schliesslich, die früher je zur Hälfte für die Dauerausstellung und für Sonderausstellungen genutzt wurden, sind heute Sonderausstellungsfläche. Ausgestattet mit einem Bühnenboden (kein Holzparkett!) kann der Boden genutzt werden. Farbwechsel, Bohrungen, Klebstellen – all dies ist kein Problem. Die Hülle ist nicht heilig, sie ist ein Werkzeug, das uns in der Ausstellungsarbeit unterstützen soll. Teil dieser Ausstellungsfläche ist auch der Hodlersaal mit den berühmten Gemälden «Aufstieg und Absturz» von Ferdinand Hodler. Der Saal wird tagsüber als Ausstellungsfläche und abends als Veranstaltungssaal, auch für Dritte, genutzt. Tagungen, Versammlungen, aber auch Lesungen, Konzerte oder Diskussionen finden hier statt.

Wandel der Wahrnehmung: schleichend, aber stetig 

Die Zahlen der ersten beiden Jahre stimmen zuversichtlich. Die Besucherzahlen stiegen 2013 auf 28000 Ausstellungsbesucherinnen und -besucher. Insgesamt kamen rund 50000 Personen für Ausstellungen, Veranstaltungen oder den Restaurantbesuch ins Haus. Die Medienresonanz wuchs allein im ersten Betriebsjahr mit neuem Konzept um das Zehnfache auf nahezu 400 Medienberichte. Damit einher ging der Wandel in der Wahrnehmung unseres Publikums. Das Alpine Museum wird zunehmend von einem kulturinteressierten, neuen Publikum wahrgenommen und besucht. Die Facebook-Community wuchs 2013 von 200 auf über 800 an; das mag in Zahlen bescheiden sein, als Gradmesser der Veränderung in neuen Publikumssegmenten scheint es mir relevant. Die E-Mails, die Gästebucheinträge, die Begegnungen an den zahlreichen Veranstaltungen im Museum zeigen, dass die Plattform, die Piazza gewissermassen, angenommen wird. Das Museum wird zum Speicher der Vergangenheit, weil es auch ein zeitgenössischer, attraktiver Ort ist, an dem man sich trifft, vergnügt und mit Inhalten auseinandersetzt. Das gilt schon jetzt für ein lokales Publikum. Für die Zukunft wird aber entscheidend sein, das Haus über Stadt und Kanton Bern hinaus bekannter zu machen und präsent zu bleiben. Rund die Hälfte der befragten Ausstellungsbesucherinnen und -besucher geben bereits an, von ausserhalb des Kantons Bern anzureisen. 

Die neue Rolle der Sammlung

Die Sammlung ist mit dem neuen Konzept nicht aus dem Blickfeld verschwunden. Im Gegenteil. Die erste Ausstellung «Berge versetzen. Eine Auslegeordnung» nahm die Neukonzeption zum Anlass, 1200 Objekte aus der Sammlung zu präsentieren und auf ihre Geschichte und Bedeutung zu befragen. Wir wählten dafür das sehr schweizerische Format der Auslegeordnung. Objekt für Objekt wurde auf dem Fussboden ausgelegt. Die Besucherinnen und Besucher bewegten sich über einen Holzsteg durch den Raum und konnten die nummerierten Objekte überblicken und vergleichen. Kontextinformationen zu den Objekten wurden in Textbooklets aufbereitet. Die Ausstellung bot elf Thementouren zu ausgewählten Objekten an, die sich über die Booklets erschlossen. Mit der Auslegeordnung verknüpft war die sehr viel grundsätzlichere Fragestellung: Welche Bedeutung haben diese Objekte für die Besucherinnen und Besucher heute? Warum soll das Museum diese Objekte überhaupt behalten? Soll es sie behalten? Die Antworten, die wir an interaktiven Stationen und in Themenheften sammelten, reproduzierten ein sehr klassisches Museumsbild. Eine Mehrheit fand, dass alte, kostbare, seltene Objekte ins Museum gehören, während gegenwartsnahe, billige, alltägliche Dinge nicht ins Museum gehören. Die Begründungen, die geliefert wurden, begleiten uns derzeit auch in der Neufassung der Sammlungskonzeption. Denn die Sammlung des Alpinen Museums, die seit 1905 im Haus herangewachsen ist, kennt noch kein Konzept. Sie ist historisch gewachsen und bildete durchaus gewollt gewisse Schwerpunkte, wie die Bergreliefs oder die historische Bergfotografie. Aber eine strategisch ausgerichtete Konzeption im Umfeld anderer Sammlungen in diesem Land fehlte. Damit auch die Antworten, was weiter zu sammeln sei, was nicht mehr zu sammeln sei oder was sogar zu entsammeln. Die Kernfrage stellt sich mit dem Gegenwartsansatz insofern neu, als wir uns vermehrt auf Themen ausrichten möchten. Das Thema des Wintertourismus spiegelt sich in der bestehenden Sammlung des Alpinen Museums vor allem in alpinistischen Gerätschaften. Für «Berge versetzen» wurde deshalb stellvertretend für viele vorhandene Leerstellen ein Gletschervlies vom Gemsstock in Andermatt in die Sammlung aufgenommen. Mit den Vliesstücken wird versucht, das Abschmelzen des Gletschers und damit des Skigebiets zu verlangsamen.

Die Folgeausstellung «Intensivstationen» zu intensiv bewirtschafteten Skistationen im Tirol stellte im Winter 2012/13 fünf Tonnen Skimüll, die Ernte einer Saison einer Tiroler Skistation, im Alpinen Museum aus. Sollte dieser Müllberg nun in die Sammlung aufgenommen werden? Oder anders gefragt: Wie sammeln wir jene Entwicklungen im Berggebiet, die uns tatsächlich beschäftigen? Den Klimawandel, die Mobilität, den Massentourismus, den Energiehunger, die Natursehnsucht der Freizeitgesellschaft? Und wie zeigen wir in einem Museum, das sich vermehrt der Gegenwart zuwendet, die alten Schätze wie die Bergreliefs? Es ist klar, dass die Sammlung nicht zum Fremdkörper im neuen Alpinen Museum werden soll. Sie soll vielmehr einen neuen Raum einnehmen, was aber auch neue Formate des Zeigens und neue Methoden des Sammelns nahelegt. 

Basislager und Fundbüro für Bergerinnerungen 

Die neue Sammlungskonzeption soll bis Mitte Jahr vorliegen. Sie wird uns Grundlage sein, ein altes Format, die Dauerausstellung, neu anzudenken. Das Basislager, so der Arbeitstitel der neuen Dauerausstellung, stellen wir uns derzeit als Schaudepot in Bewegung vor. Es zeigt in wechselnden Konstellationen die Highlights der Sammlung. Es liefert damit aber die Grundlagenthemen zum Verständnis des Alpenraumes. Keine einfache Aufgabe auf dem beschränkten Raum. Die Relief- und die Fotosammlung werden Schwerpunkte bilden und hoffentlich auch das Potenzial haben, den Schatzsuchern im Alpinen Museum auch etwas zu bieten. Das Basislager im Untergeschoss bedingt allerdings, dass das Alpine Museum zuerst neue Depoträume findet, um das jetzige Depot mit Kleingegenständen, Grafiken und Fotografien auslagern zu können. Ergänzend braucht die Sammlung ein projektbezogenes Vehikel, das die vier Wände des Museums verlassen kann. Wir nennen es im Moment das «Fundbüro für Bergerinnerungen». Wir möchten vorhandenes Wissen über gezielt angelegte Sammlungsprojekte einfangen, das uns sonst abhanden kommt oder den Objektspeicher gar nie erreicht. Das Vlies vom Gemsstock wird interessanter, wenn ich weiss, wo und wozu es ausgebreitet wurde und wer diese Menschen waren, die diese Arbeit geplant und ausgeführt haben. Auch die Menschen, die Zweitwohnungen lüften, sonntags mit dem Motorrad Pässe «machen», neben dem Landwirtschaftsbetrieb noch den lokalen Bügelskilift betreuen, sie alle haben dem Alpinen Museum und seiner Sammlung viel mitzugeben. Das neue Gesicht der Sammlung ist derzeit eine Konzept- und Finanzierungsfrage. Die Finanzierung des neuen Alpinen Museums der Schweiz ist noch nicht gesichert. Der bisherige Wandel wurde vor allem mit Sonderfinanzierungen möglich gemacht. Jetzt sind also die eigentlichen Träger des Betriebs gefordert. Der Bund als einer der Hauptträger der Institution hat seinen jährlichen Betriebsbeitrag ab diesem Jahr auf rund eine Million Franken erhöht. Beim Kanton steht der Entscheid in diesem Jahr noch an. Das Alpine Museum erhält derzeit immer noch den gleichen Beitrag wie vor dem Umbau und der Neuausrichtung. Gelingt die Neufinanzierung ab 2015 nicht, wäre die Existenz des Alpinen Museums trotz wachsendem Erfolg gefährdet. Daran kann niemand ein Interesse haben, der Kanton Bern schon gar nicht. Die Zuversicht überwiegt, dass der bereits zurückgelegte Weg das beste Argument für seine Fortsetzung ist. Mit der nächsten Ausstellung will das Alpine Museum hoch hinaus. Sie heisst „Himalaya Report. Bergsteigen im Medienzeitalter“ und wird auch Bergsteiger Ueli Steck zu Wort kommen lassen. Ein Schuh und mehrere Seile befinden sich bereits seit Jahren in der Sammlung.

Erstes internationales Treffen der Alpinen Museen 

Das Alpine Museum der Schweiz möchte sich international besser vernetzen. Im Oktober 2013 trafen sich die Alpinen Museen Europas erstmals zu einem Austausch von Programm- und Kooperationsideen. Beteiligt waren neben den Museen Italiens, Frankreichs, der Schweiz, Österreichs, Deutschlands und Sloweniens auch zwei Museen aus Polen und Spanien. Treffpunkt war Turin, wo das älteste Alpine Museum, das Museo Nazionale della Montagna, seit 1874 seinen Sitz hat. 2014 findet das Folgetreffen in Bern statt. Im Vordergrund stehen Konzeptfragen. Auch die Alpinen Museen in München und Innsbruck arbeiten an Neukonzeptionen ihrer Institutionen. Ausserdem bietet das europäische Netzwerk neue Finanzierungskanäle, wenn länderübergreifende Projekte, beispielsweise im Sammlungsbereich, realisiert werden. 

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Beat Hächler

Direktor Alpines Museum der Schweiz (alps)

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Le Musée alpin suisse a enlevé il y a deux ans son exposition permanente afin d’aménager de l’espace sur trois étages pour une nouvelle section thématique. Ce faisant, il optait pour un changement d’orientation radical et se tournait résolument vers le présent. Il ne se voulait plus être une exposition d’objets, mais une plateforme thématique pour le présent. Cette nouvelle orientation ne signifie évidemment pas qu’il tourne le dos au passé, sa riche collection est là pour le prouver si besoin était, mais qu’il entend désormais se consacrer davantage aux questions de sa légitimité, du pourquoi ce musée est nécessaire à l’époque qui est la nôtre aujourd’hui.

Fréquenté par 20000 à 30000 personnes chaque année, le restaurant du musée, «las alps», propose au rez-de-chaussée une gastronomie qui rappelle des thèmes alpins. Le «Bivouac» se trouve également au rez. Une salle de 100m2 environ, qui permet d’aménager quatre à cinq petites expositions. Le premier et le deuxième étage, enfin, sont réservés aux expositions spéciales.

Le nouveau concept n’a pas pour autant fait disparaître la collection. La première exposition intitulée «Berge versetzen. Eine Auslegeordnung», a adopté la nouvelle conception pour présenter 1200 objets de cette collection et questionner leur histoire et leur signification. L’exposition suivante, «Stations de soins intensifs», a présenté l’hiver 2012/2013 cinq tonnes de déchets de skis récoltés en une seule saison dans une station de skis du Tyrol. Pour la prochaine exposition, le Musée alpin vise haut. Intitulée «Himalaya Report. La conquête des sommets à l’ère des médias», elle donnera notamment la parole à l’alpiniste Ueli Steck, dont un soulier et plusieurs cordes se trouvent dans la collection depuis plusieurs années déjà. (Traduction: sg)